Zehn Vereine mit Sportangeboten für Menschen mit Migrationshintergrund erhalten vom Kreissportbund Greiz eine finanzielle Zuwendung
GREIZ. Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und somit unterschiedlichen kulturellen, sprachlichen und ethnischen Hintergründen ist eine der entscheidenden Herausforderungen unserer Zeit. Gerade der organisierten Sport in den Vereinen spielt dabei eine wichtige Rolle, wie der Vorsitzende des Kreissportbundes Greiz, Uwe Jahn, am Mittwochabend in der Kurt-Rödel-Halle sagte.
Eingeladen waren Vertreter aus zehn Sportvereinen, die zum einen einen finanziellen Zuwendungsbescheid erhielten und zum anderen aus ihrem reichen Erfahrungsschatz im Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund berichteten.
Sport führt Menschen zusammen. Er hat eine soziale Bindungskraft, die ihresgleichen sucht – darin sind sich die Vertreter des RSV Rotation Greiz, des 1. FC Greiz, des 1. Schwimmklubs von 1924 Greiz, des FSV Mohlsdorf, des 1. Greizer Karate Dojo, des Post SV Zeulenroda, des FSV Greiz 94, des 1. Radsportvereins 1886 e.V., des Asiatischen Bewegungszentrums und des Vereins MIG Weida grundlegend einig.
Dennoch verschwiegen sie nicht, dass das Integrieren in die Vereine keineswegs eine einfache Angelegenheit ist. Sprachbarrieren, die unterschiedliche Mentalität der Kulturen und in vielen Fällen der Wegzug, nachdem man die ersten sportlichen Schritte gemeinsam ging, erschwerten mitunter eine sich entwickelnde Arbeit.
Stefan Täubert als Vertreter des FSV Mohlsdorf berichtete, dass in Mohlsdorf eine komplette Mannschaft mit rund 30 Sportlern entstanden war. Durch das kürzliche Ableben und den kaum zu ersetzenden Verlust von Organisator und Trainer Frank Knüpp wurde es schwer und manchmal sogar unmöglich, die Fußballer zusammenzuhalten. Doch sei man im Verein bestrebt, die Mannschaft wieder aufzubauen. Junge Spieler zu finden, sei „kein Problem“, betonte Stefan Täubert – im Nachwuchsbereich habe man sieben Spieler, die auch am Punktespielbetrieb teilnehmen.
Beim FSV Greiz 94, der in Kooperation mit dem Hainberger SV Training im Bereich „Freizeitmannschaft“ für Menschen mit Migrationshintergrund anbietet, hätten sich mitunter vierzig Sportler eingefunden. Derzeit zählen zum Stamm zehn Fußballer. Man spreche deutsch, was sich letztlich auch positiv auf die Entwicklung der Sprache auswirke, so Lothar Rahmisch. „Wir freuen uns über jeden, der im Verein bleibt oder in einem anderen Fuß fasst“, unterstrich der Vereinsvertreter.
Matthias Puch vom Asiatischen Bewegungszentrum ist in die Asylbewerberheime gegangen, wie er berichtete. Auch er wies auf die Wichtigkeit hin, mit den Geflüchteten Deutsch zu sprechen. „Das ist der erste Schritt.“ Oft würden sich Kinder im Alter von fünf bis zehn Jahren, aber auch Jugendliche und junge Männer für die Kampfsportart interessieren. Acht konstant kommende Kinder verzeichne der Verein derzeit; selbst eine Frau kam zum Training, was Puch erstaunlich fand. Durch den Wegzug aus den Heimen in dezentral liegende Wohnungen, sei es oft schwierig, die Menschen zu halten. „Manchmal fehlt auch bißchen der Ehrgeiz“, gab der Coach zu.
Jacqueline Zipfel vom 1. RSV 1886 e.V. sprach davon, dass sich drei Jugendliche im Radsportverein gut integriert und eine positive Entwicklung genommen hätten. So habe sich Frau Dinkler beispielsweise für ein afghanisches Geschwisterpaar eingesetzt, etwa bei Behördengängen oder der schulischen Nachhilfe. Da der Radsport technisch äußerst anspruchsvoll ist, müsse man viel Wissen vermitteln. Dazu diene aktuell eine App, die die Arbeit erleichtere.
Der Kontakt zu ausländischen Sportlern sei nicht erst während der sogenannten „Flüchtlingskrise“ des Jahres 2015 entstanden, führte Alexander Giehler vom Post SV Zeulenroda aus. „Kontakte zu Ausländern entstanden wesentlich eher.“ Vor allem im Nachwuchsbereich sei das Interesse groß. Den Menschen mit Migrationshintergrund habe man stets Hilfe angeboten, sei es beim Beschaffen von Wohnraum oder Leisten von Fahrdiensten.
Einen Schwimmkurs initiierte der Schwimmklub von 1924 Greiz e.V., wie Renate Rausch berichtete. Eigentlich für 12 Teilnehmer unterschiedlicher Nationen angedacht, wurden daraus zwanzig, von denen sich nun sechzehn „gut über Wasser halten können“. Zwei Geflüchtete sind Mitglied des Vereins geworden; Anfragen gebe es zudem von vier Mädchen. Auch bei den Schwimmern wurde deutsch gesprochen; zudem die Kultur der Badeanzüge vermittelt.
Christoph Limbacher vom 1. Greizer Karate Dojo Club sagte, dass in seinem Verein viel „auf Mundpropaganda“ beruhe. Er praktiziere „strengen Unterricht“ , in dem englisch und deutsch gesprochen werde – und Disziplin. „Wegen der oft fehlenden sprachlichen Verständigung, ist es wichtig, viel praktisch vorzumachen“, wie der Trainer aus Erfahrung weiß. Vor allem Kinder bis zu 12 Jahren würden großes Interesse am Karatesport finden.
Siegfried Lippke berichtet, dass sich im RSV Rotation viel um die Familien Galamatov und Jushaev drehe. Die Söhne hätten bereits in Tschetschenien entsprechend trainiert. Bedauerlich findet der Trainer, dass gerade solche hervorragende Athleten wie Abdul Galamatov aufgrund fehlender Einbürgerung lediglich an den Mitteldeutschen Meisterschafte teilnehmen könne. Er und sein Bruder Rasul gehören mittlerweile zu den Leistungsträgern des Ringsportvereins, die in der Regionalliga bzw. Landesklasse Sachsen starten. Siegfried Lippke informierte zudem, dass neben den drei Kindergärten, die er betreut, plötzlich noch mehr Kitas vor der Tür stünden. „Die Väter der Kinder kommen sogar in Trainingsanzügen in unsere Halle“, berichtet der Jugendtrainer lächelnd. Die Geflüchteten seien sehr dankbar und würden gern Vereinsmitglied werden.
Dass feste Mitgliedschaften in den Sportvereinen derzeit allerdings kein bestimmendes Thema sind, bestätigten die meisten der Funktionäre. Über das Programm „Bildung und Teilhabe“ sei es aber möglich, die Vereinsbeiträge finanziert zu bekommen, wie Sandra Meister vom 1. RSV 1886 mitteilte.
Menschen mit Migrationshintergrund in die sportlichen Vereine zu integrieren, sei ein „großes gesellschaftliches Anliegen“, betonte Uwe Jahn. Dabei sei in den letzten Jahren oft kritisch über das Thema gesprochen worden und die Fragen: „Ist das wirklich notwendig?“ und „Ist Deutschland überhaupt dazu in der Lage?“ hätten viele Menschen umgetrieben. Dabei sei Sport ein Teil der Gesellschaft und man könne Menschen über den Sport erreichen. Unter dem Motto „Sport kennt keine Grenzen“ habe das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport für das Jahr 2017 entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Dabei paare sich das „gesellschaftliche Anliegen mit Eigennutz“ gab Uwe Jahn zu. „Wir brauchen gute Sportler.“
Entsprechend der Anzahl der Sportler, den Umfängen der Betreuung und der Integrationsmöglichkeiten wurde eine Stafflung der Beträge in Höhe von insgesamt 4970 Euro vorgenommen. Die anerkannten Stützpunkte – dazu gehören der RSV Rotation Greiz, der 1. FC Greiz, der FSV Mohlsdorf und MIG Weida – erhielten jeweils einen Grundbetrag von 500 Euro, der punktuell für den Erwerb von entsprechender Sportkleidung für die Geflüchteten eingesetzt werden muss. Die anderen Vereine können das Geld frei für die Arbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund verwenden.
Antje-Gesine Marsch @31.08.2017