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Interview mit Stephan Marek, Wirtschaftsförderer und Tourismuskoordinator der Stadt Greiz

Interview mit Stephan Marek
Zur WERTBAU-Messe: Wirtschaftsförderer Stephan Marek (r.) im Gespräch mit Reiner Taig (2.v.l.), Carsten Taig und Langenwetzendorfs Bürgermeister Kai Dittmann (l.).
Am 5. November ist es genau ein Jahr her, dass mit Stephan Marek die Stelle des Wirtschaftsförderers und Tourismuskoordinators mit einem vorerst auf zwei Jahre befristeten Vertrag neu besetzt wurde. Kurz vor der „Halbzeit“ traf ich ihn in seinem Büro im Greizer Rathaus:

Herr Marek, seit einem Jahr sind Sie nun im Amt. Im November 2012 sprachen Sie davon, noch mehr Unternehmen zu begeistern, sich in Greiz anzusiedeln.
Stephan Marek: Von einem Erfolg, neue Unternehmen zu gewinnen, die sich in Greiz niederlassen, kann man leider noch nicht sprechen. Um bereits in Greiz ansässige Firmen müssen wir uns weiter bemühen, Kontakte pflegen und ihnen den Reiz schaffen, hier in Greiz zu bleiben. Neuansiedlungen sind aufgrund der Flächenkapazität ohnehin eine schwierige Geschichte. Die „Goldene Aue“ beispielsweise, die uns als Gewerbegebiet zur Verfügung stand, wurde Retentionsgebiet. Die Stadt Greiz überlegt derzeit, weitere Gewerbeflächen zu schaffen, was allerdings auch wieder eine finanzielle Frage aufwirft. Ich muss dazu auch sagen, dass das Juni-Hochwasser viel Kraft und Zeit gekostet hat, uns um diese Dinge zu kümmern.

Fanden die avisierten Gespräche mit Greizer Firmen statt und wie war das Resultat?
Ja, ich habe viele Gespräche mit Firmen geführt; vom Ein-Mann-Betrieb bis zum mittelständischen Unternehmen und verstanden, wo allen „der Schuh drückt“. Schlimm finde ich, dass wir es nicht schaffen, die Jugend zu binden. Fachkräftemangel und das Aussterben mancher Berufe, weil Ausbildungsmöglichkeiten einfach nicht mehr geschaffen werden können, machen sich so bemerkbar. Das Grundübel ist und bleibt aber weiterhin die Kommunikation, die wahrlich keine Einbahnstraße ist. Da hat sich die Zusammenarbeit nicht verbessert, ebenso wenig mit dem Industrieforum Greiz.
Das Gegeneinander-Arbeiten und das Pflegen persönlicher Animositäten machen die Arbeit sehr schwer.

Besonderes Augenmerk wollten sie auf Förder-und Finanzierungsprogramm richten.
In diese Thematik konnte ich mich gut einarbeiten. Dass dabei auch das Hochwasser und die damit verbundene Schadensregulierung beitrug, ist nicht von der Hand zu weisen. Klar ist allerdings, dass sich die Fördermittellandschaft im nächsten Jahr extrem verändern wird; wir werden in Thüringen viel weniger Geld zur Verfügung haben. Die bürokratischen Verfahren mit ihrem immensen Papierkrieg schrecken zudem potentielle Investoren oft ab. Auffällig ist, dass man Greizer Firmen thüringenweit – beispielsweise bei der Bewerbung um Anerkennungspreise – zu wenig wahrnimmt, sie sind nicht sichtbar.

Auf Ihrer Agenda stand auch das Greika-Gelände VI/1 ganz weit oben. Wie sieht es da aus?
Der vom Stadtrat beschlossene Straßenname An der Greika weist darauf hin, dass hier etwas Eigenständiges entsteht. Auch hier waren Fördermittel ein großes Thema. Es gibt vier Parzellen, zwei davon sind bereits vermietet. Mit den Vogtlandwerkstätten haben wir einen sehr guten Bauherrn und großen Arbeitgeber gewonnen. Im hinteren Teil soll der Bauhof der Stadt Greiz unterkommen, dessen derzeitiges Domizil in der Weberstraße sehr schwierig ist. Auch für andere Bereiche regionaler und überregionaler Betriebe gibt es eine Menge Ideen. Ich denke, dass die Erschließung des Geländes bis 31. Dezember 2014 abgeschlossen sein wird.

Wie gelingt Ihnen die Balance zwischen Wirtschaft und Tourismus?
Ich habe viele neue Erfahrungen machen können und müssen, bin dabei aber auf gutem Weg. Von der Destination Vogtland bin ich allerdings ziemlich enttäuscht, weil der Thüringer Raum relativ unbedeutend betrachtet wird. Da muss ein Denkprozess in Gang kommen.
Positiv beurteile ich, dass viele Unternehmen in ihrem Marketing zur Stadt Greiz stehen. Man muss uns einfach mehr wahrnehmen, deshalb ist die Verknüpfung von Wirtschaft und Tourismus immens wichtig. Für unbefriedigend und massiv erschreckend erachte ich das Halbjahresergebnis der Ankünfte und Übernachtungen in 19 Thüringer Städten. Da belegt Greiz mit Abstand den letzten Platz in der Zahl der Übernachtungen.

Angenommen, es würde ein riesiger Geldsegen Dinge möglich machen, die derzeit am Geldmangel scheitern. Was würden Sie tun?
Es ist nicht nur das zu kleine Budget, das die Verwirklichung von Visionen behindert. Die Greizer müssten wieder mehr Bewusstsein für ihre Stadt zeigen, sich mit ihr identifizieren und nicht nur negativ sprechen. Wir bräuchten dringend ein zweites größeres Hotel, der Bedarf ist auf jeden Fall da. Es kann nicht sein, dass Tagungen oder Konferenzen in der Vogtlandhalle daran scheitern, dass man die Teilnehmer zur Übernachtung in zwei, drei Städte verteilen müsste.
Was auf jeden Fall in Angriff genommen werden muss, ist der Breitband-Ausbau. Dafür gibt es noch Fördermittel, allerdings nur, wenn genügend Bevölkerung sich dazu bekennt. Auch erneuerbaren Energien müsste man sich mit Gut-Geld mehr öffnen Greiz ist eine grüne Stadt und soll sie auch bleiben.

Es soll ein Marketingkonzept zur touristischen Vermarktung der Stadt Greiz und der Vogtlandhalle Greiz erstellt werden. Können Sie dazu einige Worte sagen?
Die Reichenbacher Agentur Realitätsverlust erhielt den Zuschlag für die Erarbeitung eines solchen Konzeptes; dazu wird eine Zukunftswerkstatt gegründet. Aus der Arbeit heraus und der Analyse der bereits vorliegenden Konzeptionen soll ein Leitbild für die Stadt Greiz erstellt werden. Ganz wichtig dabei ist, die Leute mitzunehmen und günstig, dass die beiden Geschäftsführer Severin Zähringer und Robert Seidel als Nicht-Greizer von außen schauen.

Die Stadt Greiz wird sich am Bundeswettbewerb Entente florale Gemeinsam aufblühen beteiligen. Was ist der Hintergrund?
Eine Stadt ist immer nur so gut, wie die Menschen, die in ihr leben. Dieser Wettbewerb setzt frische Impulse für die Stadtentwicklung und fördert eine nachhaltige Grün-und Freiraumentwicklung. So soll das Wir-Gefühl durch gemeinsames bürgerliches Engagement verstärkt werden.

Wie lautet Ihr Amtszeit-Resümee in zwei Sätzen?
Es sind bislang relativ wenige sichtbare Erfolge zu verzeichnen. Nach oben ist noch viel Platz€€¦trotzdem ist das Resümee für mich überwiegend positiv.

Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft für alle anstehenden Aufgaben.
Das Interview führte Antje-Gesine Marsch @21.10.2013

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