Ich stand auch auf der Liste der kosmischen Kandidaten
Am Montag wäre der Humorist Hansgeorg Stengel 90 Jahre alt geworden. Die Stadt Greiz ehrte den Sohn der Stadt mit einer Lesung Einen Handkuss für Corina GutmannGREIZ. Er war bekannt für seinen scharfen Wortwitz, mit dem er gegen die Sprachschludereien der Deutschen ins Feld zog: Hansgeorg Stengel, geboren am 30. Juli 1922 auf dem Greizer Schlossberg 10 – verstorben am 30. Juli 2003 in Berlin. Seinem 90. Geburtstag und zugleich 9. Todestag war die Veranstaltung im Weißen Saal des Unteren Schlosses gewidmet, die am Dienstagnachmittag stattfand und über 120 Gäste anzog. Rudolf Semmler aus Eisenberg, ein Kenner der Stengelschen Werke, der den schreibenden Humoristen seinen väterlichen Freund nennt, verlas einige Epigramme und Kurzgedichte. Die Bände Greizer Sonate und Greiz und quer, in denen Stengel Greizer Persönlichkeiten, Begebenheiten und Ereignisse näher beleuchtete, hatten die Stadt schon in den 1970er Jahren weit über die Landesgrenzen berühmt gemacht. 50 Bücher konnte Hansgeorg Stengel in seinem Leben veröffentlichen, darunter solche Klassiker wie So ein Struwwelpeter, Stenglisch for you oder Rettet dem Dativ. Er schrieb die Kolumne Wortadella, erfand die Kreuzwörträtsel für Querdenker, schrieb mit Annasusanna das wohl erste Buch, das man sowohl von vorn nach hinten als auch umgekehrt lesen konnte und bereiste zudem als Kabarettist die Republik von Nord nach Süd. Im Fernsehen der DDR allerdings vermisste man ihn, da er darauf bestand, sich nicht in sein Manuskript hineinreden zu lassen. Stengel galt als eigenwillig und zudem mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein ausgestattet: Ich bin mir sehr sympathisch oder Ich hänge sehr an mir gehörten zu den Lieblingszitaten des Autors. Bereits im Jahre 1950 hatte er Greiz den Rücken zugewandt, um beim Eulenspiegel damals noch Frischer Wind – in Berlin zu arbeiten. Mit Schrubber und Besen titelte sein erstes Buch, das im selben Jahr erschien. Seit 1959 war Hansgeorg Stengel als freier Redakteur und Kabarettist tätig. 150 Auftritte und 30000 gefahrene Kilometer konnte der Schriftsteller im besonderen Einsatz in einem Jahr nachweisen. Er teilte gern aus, konnte aber auch damit umgehen, wenn man ihm einen einschenkte, urteilte der Schriftsteller Peter Ensikat in einem Interview. Besonders die Sachsen hätten oft im Fokus seiner humoristischen Betrachtungen gestanden. Sie haben keine Sprache, lediglich ein Signalsystem, wie es Stengel formulierte. Ein einziges Signal, das einem Klingeln ähnlich sei, könne vier Bedeutungen haben. Beispielsweise Lähm. Es könne Lehm, Leim, Leben oder Löwen bedeuten. Für den selbsternannten Meister des Eigenlobs war auch das Wort Wende viel zu unpolemisch. Er nannte sie Heimholung. Bekannt wurden auch seine Betrachtungen über die Raumfahrt im Vogtland: Ich stand auch auf der Liste der kosmischen Kandidaten – Schießt den Stengel auf den Mond!“ In den letzten Lebensjahren hatte der Wortpolizist der Rechtschreibreform den Krieg angesagt; schließlich betraf sie ihn selbst: Ich lasse mich nicht verumlauten. So wurde Hansgeorg kein Stängel. Er schrieb auch nach Einzug des technischen Fortschrittes seine Texte weiterhin auf einer alten Erika-Schreibmaschine, besaß kein Handy, war ständig auf der Suche nach vierblättrigen Kleeblättern, spielte leidenschaftlich gern Klavier und schaute in jeden Kinderwagen. Die Stadt Greiz hatte Hansgeorg Stengel anlässlich seines 75. Geburtstages im Jahr 1997 die Bürgermedaille in Silber verliehen; für die Ehrenbürgerschaft reichte es weder in Greiz noch in Berlin, wie Rudolf Semmler zur Veranstaltung resümierte. Seine Zunge und seine Feder waren wohl zu spitz. Antje-Gesine Marsch @31.07.2012
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