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Thüringer Europafest: Offener Brief

Europafest 2018 in Greiz

Plakat zum Europafest am 5. Mai in Greiz

Thüringer Europafest – Der Freistaat lädt sich ein in Greiz Eine (zunächst leise) Stimme der Kritik

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Europa – einst Vision kühner Denker – heute gelebte Realität des Miteinanders der Staaten und Nationen. Gut für die Menschen und ebenso gut, darüber zu sprechen und die europäische Idee nicht als Selbstverständnis, sondern bewusstes Bekenntnis zur Völkerverständigung und Demokratie zu betrachten.

Am 05. Mai soll dies in Greiz geschehen. Ein Europafest wird es geben. Allerdings eines, dass eben nicht vom Miteinander und von Verständigung geprägt ist, sondern als „Exportschlager“ der Thüringer Landesregierung hier im Vogtland mal eben Station macht.
Als im Februar erste Informationen hierzu die Stadt Greiz und den Landkreis Greiz erreichten, bestanden diese im Wesentlichen darin, welche Ministerin bzw. welcher Minister jenen Teil des europäischen Gedankens vor Ort vermitteln wird, der wohl ihrem/seinem Ressort am nächsten kommt. Eine schicke Veranstaltungsagentur aus Erfurt organisiert den Rest.

Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass daraus ein breit gemischtes Programm entstand, in dem sich sogar regionale Akteure mit europäischem und internationalem Bezug finden lassen.

Eine vorherige inhaltliche Abstimmung zu diesem Fest, Ideen und Vorschläge, besser noch eine gemeinsame Organisation, wären wohl eher im europäischen Sinn. Doch diese vermissen wir bis heute beim Thüringer Europafest 2018. Wir wurden einfach nur verplant, anstatt gefragt. Wann begreift Ihre Landesregierung eigentlich, dass Landräte und Bürgermeister nicht Angestellte der Landesverwaltung sind und eigenständig und eigenverantwortlich im Sinne ihrer jeweiligen Kommune bzw. Gebietskörperschaft handeln – mit direktem Wählervotum übrigens!

So wurden leider die mit der Stadt Greiz getroffenen Absprachen geändert, ohne die Verantwortlichen vor Ort darüber zu informieren. Die Ansprache an die Mitwirkenden erfolgte nicht über deren Träger, sondern durch beauftragte Dritte. Angesprochen von den potentiell Beteiligten konnten wir achselzuckend nur an Ihr Haus verweisen.

Schade, hatten wir Greizer doch 2009 mit dem Thüringentag und 2013 nochmals mit dem Thüringer Landeserntedankfest gezeigt, was für tolle Gastgeber Greiz und das Vogtland sind. Gemeinsam hatten wir damals an einem Strang gezogen: Freistaat, Landkreis und die Stadt Greiz. Aber vielleicht finden wir ja irgendwann wieder zu dieser Form der Zusammenarbeit zurück.
Als Landrätin des Landkreises Greiz darf ich dann, obwohl zum eigentlichen Thema inhaltlich nie angefragt, über Flüchtlingsfragen diskutieren. Und das mit jenem Minister, der bis vor wenigen Wochen für die Ermittlungen gegen meine Person verantwortlich zeichnete – denn die Staatsanwaltschaft agiert vom Justizminister weisungsgebunden.

Ach ja, einen Infostand zur Flüchtlingsarbeit könnte der Landkreis errichten und die Stadt sollte auch was aufbauen – was Touristisches oder zum Tag der Städtebauförderung vielleicht.

Das brauchen wir aber in unserer Kreisstadt – die man uns ebenfalls vor nicht allzu langer Zeit noch wegnehmen wollte – nun wirklich nicht, denn wir sprechen mit unseren Bürgerinnen und Bürgern und unsere Häuser sind nicht nur zu Festtagen für Besucher offen.
Dem europäischen Gedanken folgend, den wir ohne wenn und aber unterstützen und der in Zeiten separatistischer Entwicklungen auch durchaus einer Symbolik bedarf, werden wir das Europafest in Greiz willkommen heißen und eröffnen. Mehr aber auch nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Martina Schweinsburg, Landrätin des Landkreises Greiz
Gerd Grüner, Bürgermeister der Stadt Greiz

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