Ein Blick in die Greizer Historie vor 450 JahrenAlte Greizer Ansicht von Südosten.

Anhand gesammelter geschichtlicher Fakten lohnt sich ein Blick in die Greizer Historie vor 450 Jahren

Historische Rückblicke sind meist mit großer Vorstellungskraft verbunden. Dabei können sie Überzeugungen stärken, Meinungen festigen oder völlig neue Blickwinkel erschließen. Im Reußischen Volksboten, einer Broschüre, die in der Stadt Greiz erschien und in der Graphischen Hofkunstanstalt Löffler & Co. gedruckt wurde, sammelte man akribisch geschichtliche Fakten und offerierte sie der Öffentlichkeit.

Was war vor 450 Jahren?

Im Jahr 1566 wird Ratsherr Valentin Milner als erster Stadtbürgermeister von Greiz eingeführt und übt sein Amt zum Nutzen der Stadt bis 1584 aus. Die Steuerlisten des Jahres 1566 nennen den Bürgermeister und den Ratsherren Wolf Haß als größte Greizer Steuerzahler.
Auch die übrigen Ratsherren, die ihr Amt ehrenamtlich ausübten, waren in sehr guten Vermögensverhältnissen. Sie betrieben allesamt gutgehende Landwirtschaft. Daneben genossen sie durch ihr Ratsherrenamt viele Vorrechte und Vergünstigungen. Sie erhielten das “Viehgeleitsgeld” konnten bei Ratssitzungen “frei essen und trinken”, waren von der Stadtfrone befreit, hatten das erste Braurecht, durften zwei Mal im Jahr mit dem Ratsfischnetz frei fischen und hatten ihren besonderen Ratsstuhl in der Greizer Kirche.
Die im Jahr 1566 erhobene Türkensteuer – eine besondere Besitzsteuer zur Unterhaltung des Reichsheeres – erbrachte bei 2 Pfennig Abgabe die Steuersumme von 44 alten Schock, 16 Groschen und 4 Pfennigen.
Über das Vermögen der Greizer Bürger gibt das Steuerregister von 1566 Aufschluss. In der inneren Stadt wohnten nur wohlhabende Bürger als Grundbesitzer und haben als durchschnittlichen Besitz ein Vermögen von 250 alten Schock. Die in den Vorstädten wohnenden Handwerker dagegen besitzen als Kleinhausbesitzer durchschnittlich nur 25 alte Schock.
Nach dem Anschlag für die Türkensteuer vom Jahre 1566 wohnen in der Obergreizer Stadt 31 Hausbesitzer mit 11 Hausgenossen, in den Obergreizer Vorstädten 20 Hausbesitzer und 9 Hausgenossen – zusammen also 51 Hausbesitzer und 20 Hausgenossen, das sind 71 Familien.

Für beide Stadthälften ergäbe das – da sie fast gleichgroß sind – 142 Familien. Dazu kommen noch drei Geistliche. Somit kann man die Einwohnerzahl für Greiz im Jahre 1566 mit etwa 725 annehmen.
In einem alten Steuerregister des Jahres zählte man 61 Schweine, 54 Kühe, 36 Rinder, 13 Kälber und nur ein einziger Greizer Bürger war im Besitz eines Pferdes.
Im gleichen Jahr wird das neue Ratsinsiegel erwähnt – mit Stadtmauer, Haus und zwei Stadttürmen im Bilde. Zwischen den Turmspitzen sieht man das herrschaftliche Wappen.
Bei einem Hochwasser vor genau 450 Jahren überflutete die Weiße Elster das ganze Tal, so dass die Leichen von Dölau nicht nach Greiz gebracht werden konnten und in Reinsdorf begraben werden mussten. Dölau besaß im Jahr 1566 noch keinen eigenen Friedhof.
Bei Errichtung des Unteren Schlosses, dessen Bau 1565 begann, fand man auf dem Baugelände, dem ehemaligen Friedhof (bis 1539) Überreste von Särgen und Gebeinen, die allesamt geborgen wurden.
Die Greizer Kirche, bisher ohne Emporen, erhält 1566 eine Empore für den Knabenchor und einen neuen Taufstein aus Marmor.
Am 16. Januar 1566 zerstört auf einem Revanche – Jagdzug in die Untergreizer Waldungen Heinrichs des Jüngeren der Kurfürst August von Sachsen die Greizer Wolfsgärten, also Fanggruben und das Wolfsgartenhaus oberhalb von Reudnitz – jetzt Bildhaus.

Antje-Gesine Marsch @12.09.2018