Bürgermeisterwahl in Greiz: Kandidaten wollen neue Zeitrechnung beantragenGinge es nach den sechs Bürgermeisterkandidaten, würde am 15. April 2018 eine neue Zeitrechnung beginnen.

Der 15. April 2018 soll auf Wunsch der sechs Bürgermeisterkandidaten zum Beginn des Jahres „1 n. Gr.“ bestimmt werden

GREIZ. Nach christlicher Jahreszählung beginnt unsere Zeitrechnung mit der Geburt von Jesus. In Nordkorea wurde nach dem Tod von Kim Il-sung im Jahr 1997 dessen Geburtsjahr 1912 einfach als neue Zeitrechnung bestimmt.
Was Christen und Koreaner machen, können wir schon lange, sagen sich in diesen Tagen die sechs Bürgermeisterkandidaten von Greiz.
Ginge es nach ihnen, würde am 15. April 2018 in der Schloss-und Residenzstadt Greiz eine neue Zeitrechnung eingeführt:
Auf gemeinsamen Vorschlag soll sie „n. Gr.“ heißen.
Damit will man entgültig einen Schlussstrich unter die „alte Zeit“ ziehen und in die neue starten.

Hintergrund:

Bis zum 15. April 2018 lebten die Greizer in einer verwahrlosten, hochwassergebeutelten, maroden Stadt ohne Kultur, ohne Bildung, ohne Spielplätze oder Vereinsleben.
Mit zu Boden gesenktem Blick schlurften die Bürger auf schlechten, schmutzigen Gehwegen in das Zentrum der Stadt, in dem man weder einkaufen noch parken konnte.
Im Sommer wucherte das Unkraut meterhoch in den Himmel; im Winter herrschte Glätte auf Gehwegen und Straßen.
Kleine Kinder ohne Kita-Platz beherrschten das Straßenbild; Größere spielten Fußball im Schlossgarten oder trugen dort ihre Ringkämpfe aus, weil sie keine sportliche Heimstatt fanden.

Doch das wird sich nun ändern:

Mit Beginn der neuen Zeitrechnung wird Greiz zur blühenden Metropole mit glücklichen Menschen avancieren. Scharen von Touristen aus dem In-und Ausland werden nicht nur die Stadt bevölkern, sondern auch saubere, öffentliche Toiletten benutzen können; den Schlossberg oder die Beletage des Unteren Schlosses mittels Aufzug bezwingen und die Kreutzbach-Jehmlich-Orgel in ihrer Klangschönheit hören.

Strahlende Kinder werden endlich einen Kindergartenplatz bekommen, damit die Eltern – nachdem sie in einem entstandenen Wohnbebauungsgebiet ihr Eigenheim errichteten – in einem der neuen Gewerbegebiete arbeiten können.

Selbst im Stadtrat wird alles gut; freundschaftlich-sachbezogenes Handeln steht fortan im Fokus – zielgerichtetes Miteinander bestimmt jegliches Tun. Parteizugehörigkeiten sind dabei ein Affront.
Auch die Innenstadt kommt wieder mehr zur Geltung. Während man – nach Öffnung der Friedensbrücke stadtauswärts – auf das nächste Grünsignal wartet – kann man in Ruhe die Betriebsamkeit der wenigen Einzelhandelsgeschäfte beobachten. Ganz Schnelle schaffen es vielleicht sogar, in der Rotphase ihre Post wegzubringen, Brötchen oder einen Atemschutz zu kaufen.

Vor der größten Herausforderung steht das Bewerberteam allerdings noch: Wo beantrage ich die neue Zeitrechnung? Uns was kostet das Ganze?

Wie am Freitag verlautbar wurde, kam den BM-Kandidaten beim Lesen des Märchens „Tischchen deck dich, Goldesel streck Dich, Knüppel aus dem Sack“ zudem eine gemeinschaftliche Idee: „Als unerschöpfliche Geldquelle kommt nur ein Dukatenesel in Betracht.“ Leider ist noch zu wenig über die Beschaffung und Haltung eines solchen Tieres bekannt – das ist die Crux.

Somit dürften einige der vollmundigen Versprechen eben Versprechen bleiben.

Womit wir wieder beim Märchen wären: Schon die Froschkönigin hielt ihr Versprechen nicht. Ein Phänomen, das nicht nur im Märchen auftaucht: „Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen.“
Wie war das gleich bei Pinocchio?

Alles in allem: „An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen.“ Das stand schon in der Bibel, im 1. Johannes 2, Vers 1 bis 6.

Vielleicht am heutigen Ostersonntag eine empfehlenswerte Lektüre für alle hochmotivierten Bewerber.

Antje-Gesine Marsch @01.04.201