125 Jahre TischendorfChristian Tischendorf bei seiner Festrede zum 125-jährigen Jubiläum.

GREIZ. Ein Betrieb, der Brände, zwei Weltkriege, Inflation und Zeiten der Verstaatlichung überstanden hat, kann über 125 Jahre hinweg nur von einer voll engagierten Familie geführt worden sein, und das waren und sind „Tischendorfs“ — ein Begriff in Greiz. Über Jahrzehnte hinweg kaufen die Greizer Schüler dort ihre Hefte und Kulis, die Musikschüler ihre Notenhefte, ältere Kunden Papierwaren aller Art, Geschenkartikel und — den Heimatboten! Er wird dort nicht nur seit Januar 1995 gedruckt, sondern auch gebunden, im Geschäft Marktstraße 7 verkauft und der Verein Heimatbote ist einer der 38 ständigen Kunden der Firma Tischendorf.

Über elf Generationen lässt sich das Papierhandwerk in dieser Familie zurückverfolgen, 1634 taucht erstmals der Name Tischendorf auf. Valentin Tischendorf besaß damals in Greiz eine Papiermühle und seinen Vornamen trägt nun auch der jüngste Sproß der Familie, der zehn Monate alte Valentin Ernst Tischendorf.

Klein und bescheiden begann am 7. Oktober 1878 Ernst Tischendorf die Firma mit einem Einmann-Betrieb in der Hirschsteingasse 6.
Erst 1896 warb er in der Zeitung um einen Lehrling mit den Worten „Ein junger Mensch, welcher Lust hat, die Buchbinderei zu erlernen…“ Er wusste, dass man nur mit Freude an der Arbeit zum Erfolg kommen kann. Zwischen 1960 und 1990 wurden sieben Lehrlinge in der Druckerei und Buchbinderei ausgebildet. Inzwischen war die Druckwerkstatt und das Geschäft in die Marktstraße 7 umgezogen, 1985 und 1995 fanden Erweiterungen und Modernisierungen statt. Doch in unserer schnelllebigen Zeit mit der rasanten Entwicklung der Technik ist ein Betrieb der Konkurrenz nur gewachsen, wenn seine Produkte anderen Firmen überlegen sind. Um Maschinen wie beispielsweise die Fünffarben-Offsetdruckmaschine unterzubringen, mußte ein neues Domizil gefunden werden.
Die Firma Tischendorf ging auf die Suche und wurde fündig: Im Gebäude des ehemaligen Baureparaturbetriebs wurde alles auf den Bedarf der Druckerei umgebaut und Ende 1999 zog der inzwischen zur GbR, zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, umgewandelte Betrieb in die Gotthold-Roth-Straße 19 ein.

Dort fanden am 10. Oktober 2003 die Feierlichkeiten zum 125jährigen Jubiläum statt. Zunächst war zu einer Betriebsbesichtigung eingeladen worden, in der die Produktion besichtigt und erlebt werden konnte. Anschließend folgte die eigentliche Feierstunde in einem Festzelt. Birgit Diezel, die Thüringer Finanzministerin, würdigte die Leistungen der Unternehmerfamilie Tischendorf, die nach der Wende „die Ärmel hochgekrempelt“ hätte.

Sie versicherte, daß die Regierung des Freistaates Thüringen auf Wachstum setze und daß Forschung und Wirtschaft nicht auf der Strichliste stünden. Ihren Glückwünschen und anerkennenden Worten schlossen sich die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg und Dieter Gneupel, der Vorsitzende des Greizer Stadtrates in Vertretung des erkrankten Bürgermeisters an.

Junior Christian Tischendorf berichtete voller Freude, daß die Firma im Jahr 2002 mit 16 Mitarbeitern und zwei Auszubildenden einen Umsatz von 1,14 Millionen erwirtschaften konnte, der sich 2003 noch um 7% erhöht. Seniorchef Heinrich Tischendorf dankte anschließend seiner Familie, allen Mitarbeitern und allen Freunden des Hauses für die Unterstützung, die er während der 42 Jahre seiner Tätigkeit als Chef des Unternehmens erhielt.

Zum Jahresende übergibt er die Firma an seinen Sohn Christian Tischendorf, der dann alleiniger Inhaber sein wird.

Zahlreiche Gäste und Gratulanten waren gekommen. Der Männerchor Mohlsdorf überbrachte einen musikalischen Glückwunsch und die „Swing Connection“ der Musikschule „Bernhard Stavenhagen“ Greiz unterhielt die Gäste während der fröhlichen Feier.

Irmengart Müller-Uri @25.09.2003