2.Bundesliga Nord Ringen: AVG Markneukirchen gegen RSV Rotation Greiz 11:1266Akg Freistil: Boycho Hristov Boychev, AVG Markneukirchen gegen Vladimir Gotisan (blaues Trikot), RSV Rotation Greiz 0:3-PS 0:9-06:00

AV Germania Markneukirchen gegen RSV Rotation Greiz: 11:12
MARKNEUKIRCHEN/GREIZ. Zur Halbzeit führte der RSV Rotation Greiz im Vogtlandderby beim AV Germania Markneukirchen mit 9:4 und viele mitgereiste Fans waren fest von einem Sieg überzeugt. Doch es folgten vier Niederlagen in Serie, so dass die enthusiastisch angefeuerten Gastgeber mit 11:9 führten und den Sieg schon fast in der Tasche hatten. Im letzten Kampf traf Mannschaftskapitän Toni Stade (75 kg/greco) auf den Fünften der deutschen Meisterschaften Tim Bitterling. Der Greizer musste mit mindestens drei Punkten Differenz gewinnen, um seinem Team ein Remis zu sichern bzw. acht Zähler mehr als sein Kontrahent erzielen, um den kaum noch erhofften Mannschaftssieg noch aus dem Feuer zu reißen. Die Gastgeber hatten bereits fünf ausländische Sportler sowie den mit doppelter Staatsbürgerschaft versehenen Lukasz Dublinowski im Team und konnten so den tschechischen WM-Teilnehmer Filip Dubsky, der sich schon öfters verbissene Gefechte mit Stade geliefert hatte, nicht einsetzen. Gegen den 21-jährigen in Frankfurt/Oder trainierenden Spross einer Berliner Ringerfamilie bestimmte der Greizer vom Anpfiff an das Geschehen und führte zur Halbzeit 2:0. Gegen einen konditionell nachlassenden Gegner, der immer passiver kämpfte und oft den Kopf auf die Brust des Kontrahenten presste, sammelte der deutsche Vizemeister Punkt um Punkt. Am Ende stand es unter dem frenetischen Jubel der mitgereisten Greizer Anhänger 8:0. Das Vogtlandderby ging mit 12:11 an die Gäste aus Thüringen. Übrigens wurde bei dem großen Jubel sichtbar, unter den ca. 300 Zuschauern kam fast jeder Dritte aus Greiz oder Umgebung.
Im Auftaktkampf kam Vladimir Codreanu (57 kg/frei) kampflos zu den Punkten, da die Gastgeber keinen Kämpfer stellten. (Mannschaftsstand aus Greizer Sicht: 4:0) Boris Eisenstein (130 kg/greco) versuchte einen Kopf-Hüft-Schwung, der gekontert wurde und den starken Marcin Olejniczak unnötigerweise zwei Zähler einbrachte. Eine Aktion am Boden brachte dem Polen den 4:0 Sieg (4:2) – Florian Crusius (61 kg/greco) war doch nicht wieder fit. Er wurde aber hervorragend von Sven Cammin (61 kg/greco) vertreten. Ein Kampf für Ästhetiker des griechisch-römischen Stils wurde der Kampf zweier Freistiler nicht. Am Ende gab es einen Arbeitssieg des Greizers, der den Vizemeister der Junioren aus Hof, Roman Walter, der immer mit Armdrehschwüngen gefährlich blieb, mit 10:3 bezwang. (6:2)
Der etwas passiv eingestellte Sebastian Wendel (98 kg/frei) musste sich mit dem mittleren der Dublinowski-Brüder, Lukasz, auseinandersetzen und unterlag 1:5. (6:4)

Weltklasse von Vladimir Gotisan

Wird der Markneukirchner Boycho Boychov (rotes Trikot) nicht doch von Vladimir Gotisan geschultert? Die Trainer des Gastgebers Andy Schubert (links) und Björn Hauck schauen entsetzt zu.
Wird der Markneukirchner Boycho Boychov (rotes Trikot) nicht doch von Vladimir Gotisan geschultert? Die Trainer des Gastgebers Andy Schubert (links) und Björn Hauck schauen entsetzt zu.

Der letzte Kampf vor der Pause war das Spitzenduell dieses Kampftages. Wer ist die Nummer Eins im freien Stil des 66 kg-Limits? Der erfolgreichste Ringer des Vorjahres für „Neikirng“, der seit seiner Ankunft 2014 in dieser Liga ungeschlagene Boycho Boychov oder der Moldawier Vladimir Gotisan, dem ein Ausrutscher in Lübtheen unterlief? Beide kennen sich genau, war dieser Kampf doch eine Neuauflage des Finalkampfes der bulgarischen Meisterschaften von 2014, als der Greizer, der auch einen bulgarischen Pass besitzt, 10:5 siegte. Die Champions begannen sehr verhalten, doch nach zwei Minuten erwischte der Markneukirchner das Bein von Gotisan, kam aber nicht zum Punkten, sondern fand sich Sekunden später nach einem Gegenangriff selbst auf den Schultern wieder. Ob Kampfrichter Thomas Hausmann, diese Aktion als Schultersieg gewertet hätte, blieb offen, denn Vladimir Codreanu – von den Zuschauerbänken kommend – sprang nach vorn und schlug als Zeichen des Schultersieges mit der flachen Hand auf die Mattenumrandung. Jeder gute Jugendtrainer erklärt schon den Jüngsten, dass das nicht statthaft ist und nur dem Kari zusteht. Markneukirchens Trainer Andy Schubert und Björn Hauck beschwerten sich lautstark. Der Kampf wurde beim Stande von 3:0 für den Greizer weitergeführt, dem es eine Minute vor Schluss noch einmal gelang, den Kontrahenten nach einem gegnerischen Angriff in die Brücke zu stellen und dem völlig deprimierten Bulgaren sogar insgesamt neun Punkte abzunehmen. (9:4) Zwei gleichwertige Ringer standen sich mit Thomas Leffler (86 kg/greco) und Francis Weinhold gegenüber. Der Vertreter des Gastgebers, der in Pausa das Ringen erlernte, erarbeitete sich schon nach 30 Sekunden nach einer Verwarnung den siegbringenden 2:0 Punktvorsprung (9:5). Brian Tewes (66 kg/greco) begann gegen den ehemaligen bulgarischen Juniorenauswahlringer Radoslav Vasiliev hervorragend, ging mittels Armdrehschwung 4:0 in Führung. Der immer mehr aufkommende Vasiliev kam eine Minute vor Schluss zu einem Ausheber, der mit 5 Punkten bewertet wurde. Jetzt protestierten die Greizer Trainer Tino Hempel, der dafür die gelbe Karte erhielt, und Sven Lieberamm vehement. Der Markneukirchner gewann 10:4. (9:7) Die Markneukirchner Fans wurden immer lauter, kam doch jetzt ihr Idol, das 45-jährige Ringerdenkmal André Backhaus. Adam Sobieraj (86 kg/frei) gab zwei einzelne Punkte ab, konnte sich den gefürchteten Beinangriffen des ehemaligen Europameisters aber immer wieder entziehen. Zu einer Meisterleistung des Routiniers kam es eine halbe Minute vor Ultimo, als der Greizer alles auf eine Karte setzte, einen Gegenangriff inszenierte, den der älteste Sportler der Liga aber technisch erstklassig egalisieren konnte. (9:8) Schon der erste Angriff von Daniel Sartakov (75 kg/frei) gegen Andrzej Grzelak ging mit 0:2 daneben. In der vierten Minute kam der Greizer auf, konnte mit einem sehr guten Beinangriff auf 2:6 verkürzen, gab aber weitere Punkte ab. Sekunden vor Schluss, als es 2:9 stand, die taktisch völlig falsche Entscheidung des jungen Kämpfers. Anstatt das Ergebnis zu halten, riskierte er alles um zu punkten, was zu diesem Zeitpunkt das Mannschaftsergebnis nur gefährden konnte. Swen Lieberamm brüllte vergeblich: „Wie steht es?“ Und so geschah es: mit dem Schlusspfiff gab der Greizer unnötigerweise zwei weitere Punkte ab. Das 2:11 brachte drei Zähler für den seit 2011 für Markneukirchen kämpfenden Polen. (9:11) Nun, am Ende ging für die Greizer doch noch alles gut. Mit nur vier Einzelsiegen ging der Mannschaftserfolg nach einer kämpferisch vorbildlichen Leistung an die Thüringer.

Stimmen zum Kampf:
Tino Hempel (Trainer RSV):
„Größer kann die Spannung nicht sein. Ohne unsere großartigen Fans wäre uns hier wohl kein Sieg gelungen.“

Andre Backhaus: „Beim letzten Kampf muss für uns mehr rauskommen. Da muss man eine knappe Niederlage über die Zeit bringen und das Unentschieden sichern.“

Jens Berndt, erster Vorsitzender AVG: „Es war wieder ein Superderby. Diesmal waren die Greizer die Glücklichen. Ein Problem beim Ringen ist es, dass die Passivität in jeder Stilart unterschiedlich bewertet wird. Im griechisch-römischen Stil spricht man schneller Verwarnungen als im Freistil, heute zum Beispiel in der 98 kg-Klasse.“

Erhard Schmelzer @25.10.2015

Von Erhard Schmelzer

Der Mohlsdorfer Erhard Schmelzer ist nicht nur ein engagierter Trainer im Jugendbereich des RSV Rotation Greiz - er zeichnet sich auch durch interessante Berichterstattungen im sportlichen Bereich aus. Ebenso ist er als Vorsitzender des Vereins Reußische Fürstenstraße tätig. Mehr zu Erhard Schmelzer