Autor Udo Scheer stellt im Sommerpalais seine Ullmann-Biografie "Die Sonne hat vier Ecken" vor. Ergreifender Erinnerungsabend an Günter und Geli UllmannSchöne Zeiten: Günter und Angelika Ullmann zu Besuch bei Arenhövels zum Hoffest

Autor Udo Scheer stellt im Sommerpalais seine Ullmann-Biografie „Die Sonne hat vier Ecken“ vor. Ergreifender Erinnerungsabend an Günter und Geli Ullmann

GREIZ. Es hätte ein perfekter Abend werden können: Vorstellung der Biografie eines bedeutenden Greizer Autors, jazzige Klänge von media nox und ein mit erwartungsvollen Menschen gefüllter Gartensaal. Doch fehlten die Protagonisten der Veranstaltung: Günter „Charlie“ Ullmann und seine Frau Angelika. Im Mai werden es drei Jahre, dass Günter verstarb, Geli folgte ihm Anfang Dezember letzten Jahres. So konnte es nur ein Erinnerungsabend werden, den man den beiden Greizern widmete. Der Jenaer Autor Udo Scheer – seit Herbst 1990 mit Ullmann bekannt – stellte seine jüngst erschienen Biografie „Die Sonne hat vier Ecken“ vor, die tiefgründig in das bewegte, von vielen Schicksalsschlägen begleitete Leben des Greizer Lyrikers führt.
Geboren im Jahr 1946, in einem „Privilegium aus Liebe“ aufgewachsen, ist es bald die moderne Musik, die den jungen Mann umtreibt. Die Laube im elterlichen Garten auf dem Hainberg wird zum Musikstudio. Mit seinen Kumpeln Schotte (Harald Seidel) und Ruby (Rudolf Kuhl) beginnt eine aufregende Zeit. Auch politisch zeigt sich Ullmann interessiert, erlebt Ende der 1960er Jahre den Einmarsch der sowjetischen Truppen in der Tschechoslowakei und positioniert sich. Zum Studium nicht zugelassen, wird er nach dem Abitur auf dem Bau arbeiten. Dann die Heirat mit Geli und der Verlust der geliebten Tochter Xandra durch einen schrecklichen Unfall. Ergreifend beschreibt Udo Scheer die „Schweigeexplosion der Stille“. Ullmann verarbeitet Trauer und Schmerz in Gedichten. Seit Mitte der 1970er Jahre befindet sich Günter Ullmann in einem „seelischen Ausnahmezustand“, so Scheer. Die Ausbürgerung Wolf Biermanns und das „Herausekeln“ Reiner Kunzes aus der DDR beeinflussen Ullmanns Leben; ebenso die Freundschaft zu Manfred Böhme. Die Staatssicherheit setzt ihm zu, die „Verdächtigungen sind ein schleichendes Gift.“ Aufenthalte in der Psychiatrie folgen – die Familie steht trotz großer Repressalien durch die Staatssicherheit der DDR zu ihm.
Dann der Umbruch: Zu den Samstagsdemonstrationen, die Ende 1989 in Greiz beginnen, schreitet Günter Ullmann in der ersten Reihe. Reiner Kunze kommt im Januar 1990 in die Greizer Stadtkirche und lobt das „Lebenswunder“. „In den 1990er Jahren kommt Günter Ullmann mit sich ins Reine“, wie Udo Scheer ausführt. Seine Gedichte, die jahrelang in der Schublade schlummern, werden gedruckt; Greiz wird zur „Hauptstadt der Poesie“, wie es Autor Jürgen Serke einmal formulierte. Immer wieder zitiert Udo Scheer die Lyrik Ullmanns, die durch Prägnanz der Sprache so sehr berührt. Originalaufnahmen erwecken Ullmann zum Leben und lassen die Gäste der Veranstaltung für den Moment erstarren. „Dieses Buch ist eine Reminiszenz an die Geschichte“, wie Bürgermeister Gerd Grüner (SPD) abschließend sagte. Er werde anregen, dass dieser Band an den Schulen vorgestellt und gelesen wird. Langanhaltender Beifall für alle Beteiligten krönte den Erinnerungsabend. Auch Ullmanns Bruder Dieter bedankte sich in bewegenden Worten beim Autor. Allein das rechtfertige die Arbeit, die er in das Buch gesteckt habe, so Udo Scheer lächelnd. Überzeugt zeigte sich der Autor, dass Günter von seiner Wolke zufrieden herabgeschaut habe. „Natürlich mit einer Zigarette und einer Tasse Kaffee in den Händen.

Antje-Gesine Marsch @07.03.2012