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Menschenhandel passiert vor unserer Haustür

Frank Heinrich bei Prominente im Gespräch

Auf Einladung von Harald Seidel war MdB Frank Heinrich (CDU) nach Greiz gekommen, um über das Thema Menschenhandel zu referieren. Im Podium hatten auch Heidrun Linke und Harald Seidel (r.) Platz genommen.

Frank Heinrich referierte im Greizer Unteren Schloss in der Reihe Prominente im Gespräch zum Thema Menschenhandel

GREIZ. „Das Thema ist kompliziert und macht betroffen“ stimmte Harald Seidel am Montagabend die Gäste im voll besetzten Weißen Saal des Unteren Schlosses auf den Abend ein, der Und wenn es deine Schwester wäre? Menschenhandel – Sklaverei im 21. Jahrhundert titelte. Als Referenten hatte der Initiator und Moderator der Projektreihe Prominente im Gespräch Frank Heinrich gewinnen können, seit dem Jahr 2009 für die CDU im Deutschen Bundestag. Der studierte Theologe und ehemalige Heilsarmee-Offizier war in der vergangenen Legislatur Mitglied in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales sowie Menschenrechte und humanitäre Hilfe; ist nunmehr im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung tätig. An diesem Abend war es vor allem die Thematik Zwangsprostitution, die zunächst beleuchtet und später diskutiert wurde.

Die sexuelle Verschleppung, sei neben der HIV-Aids- und Wasserproblematik einer der drei wichtigsten Bereiche, derer sich der in Chemnitz Lebende angenommen hat. Zwangsprostitution findet auch hier statt, nahm Frank Heinrich den Anwesenden den Wind aus den Segeln, die diese Thematik eher in Thailand oder Tschechien angesetzt hätten. Selbst der Spiegel hätte in einer seiner Ausgaben getitelt: Bordell Deutschland und zeigt auf, wie der Staat Prostitution und Menschenhandel fördert. Soweit würde der Politiker allerdings nicht gehen. Er plädiert aber dafür, das Prostitutionsgesetz zu verschärfen, das derzeit zu den liberalsten der Welt gehört. Im Gespräch sei oft das schwedische Modell in dem Prostitution seit fast 15 Jahren verboten ist und die Freier bestraft werden. Heinrich brachte auch einige Zahlen ins Spiel: Im Jahr 2012 waren 20,9 Mio. Personen von Menschenhandel betroffen. Nie hat es auf der Welt mehr Sklaverei gegeben als heute, so der Politiker. An Gewinnen würde dies 32 Mrd. US-Dollar jährlich bringen – mehr als Drogen und Waffenhandel zusammengerechnet ergäben.

Dabei seien 79 Prozent der Betroffenen Opfer sexueller Ausbeutung und 18 Prozent Opfer von Zwangsarbeit. Deutschland ist eines der Hauptzielländer, in die Opfer gehandelt werden; 56 Prozent der Opfer, die im Jahr 2011 von der Polizei erfasst wurden, waren jünger als 21 Jahre und nur ein Prozent der Opfer könne gerettet werden, führte Frank Heinrich aus. Die Zahlen, die er anschließend nennt, sind kaum begreifbar. In einem Gespräch mit einem Frankfurter Kriminaloberkommissar erfuhr Heinrich, dass statistisch gesehen jeder einzelne Frankfurter gezählt werden auch Kinder und Frauen zwei Mal pro Jahr ein Bordell aufsucht. Dabei geht man deutschlandweit von 400000 Prostituierten aus. Der von Frank Heinrich im vergangenen Jahr gegründete Verein Gemeinsam gegen Menschenhandel, in dem verschiedene Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen zusammengeschlossen sind, um gegen den Menschenhandel vor der Haustür vorzugehen, hat sich vier große Ziele gesetzt: Öffentlichkeitsarbeit, also den Skandal Zwangsprostitution sichtbar zu machen; Prävention die Aufklärung in den Herkunftsländern und Deutschland; Opferhilfe und Opferschutz und die Verbesserung der juristischen Rahmenbedingungen. Wie der Bundestagspolitiker informierte, fänden etwa 50 Prozent der Prostitution in Bars, Clubs oder Hotel statt; 32 Prozent in Wohnungen; 4 Prozent als Hausbesuche und 10 Prozent auf der Straße. 68 Prozent der Frauen seien durch Drohung und Gewalt, 22 Prozent durch finanzielle Ausweglosigkeit und 20 Prozent durch List und Tücke nach Deutschland gelockt worden.

Die Rechte der Prostituierten zu stärken, sah Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD), die ebenfalls Gast der Veranstaltung war, als dringliche Aufgabe. Auch solle man der Frage nachgehen, warum die Nachfrage und der anonyme Bedarf so groß seien. Frauenschutzhaus-Leiterin Heidrun Linke, die neben Frank Heinrich und Harald Seidel im Podium Platz genommen hatte, sieht eine große Gefahr darin, dass insbesondere durch die Medien die Bedarfe und Lust geweckt werden. Prävention an den Schulen erachtet sie als äußerst wichtig; hat damit auch schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Frank Heinrich forderte eine klarere Sprache des Gesetzes und unterstrich: Die Freier unter Strafe zu stellen, ist angedacht. Und an die Zuhälter wollen wir „ran. Den Gästen des Abends empfahl er, sich an die Abgeordneten der Region zu wenden, um auf die verschiedensten Fragen und Probleme eine Antwort zu bekommen. Nicht nur das Thema des Abends war keine leichte Kost, auch die musikalische Umrahmung setzte Akzente. Harald Seidel (Bass), Ulrich Blumenstein (Trompete) und Christoph Beer (Saxofon)) boten ein freies jazziges Pendant, unter anderem einem Miles-Davis-Titel.

Antje-Gesine Marsch @04.02.2014

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