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Bodo Ramelow über Gott und die Welt

Bodo Ramelow bei Prominente im Gespräch

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow beantwortet Fragen der Gäste.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sprach bei „Prominente im Gespräch“
über seine Begegnung mit Papst Franziskus und nahm aktuell-politische Themen ins Visier

GREIZ. Als Bodo Ramelow (Die Linke) am 5. Dezember 2014, dem Tag seiner Wahl zu Thüringens Ministerpräsidenten, von einem Journalisten gefragt wurde, was sein größter Wunsch wäre, sagte er: „Ein Besuch bei Papst Franziskus.“ Es sei einfach aus ihm „herausgerutscht“, zudem nicht wissend, dass sein Vor-Vorgänger Bernhard Vogel (CDU) die Papst-Visite bereits in einem Vertrag deklariert hatte, gestand der Politiker am Montagabend in der Stadtkirche St. Marien. Dort sprach er über sein Treffen mit Papst Franziskus in Rom.

Was ein Linker in der Kirche mache? Ganz einfach: Gläubig und Genosse zu sein, schließe sich nicht aus. Bodo Ramelow ist christlich geprägt – wuchs in einem evangelischen Elternhaus auf, war im Deutschen Bundestag sogar religionspolitischer Sprecher seiner Fraktion. “Wir sind alle Gottes Geschöpfe, die friedlich zusammenleben sollten”, so Ramelow eingangs. Dass die Wirklichkeit anders aussieht, wisse wohl jeder.

Sein Besuch bei Papst Franziskus, dem Pontifex – also Brückenbauer, habe ihn tief beeindruckt, so Ramelow. Er formuliere “Sätze in Klarheit”, sei ein “Mutmacher”, der einen “präzisen Geist” in sich trage. Dabei hob er besonders die Begegnung des Papstes mit dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill hervor, die im Februar dieses Jahres in Havanna stattfand und „das eintausend jährige Schweigen“ brach. „Unglaublich“, nannte es Ramelow. Ebenso erstaunlich sei gewesen, dass Papst Franziskus kurz nach dem Amtsantritt in Rom einen ökumenischen Gottesdienst besuchte und der evangelischen Gemeinde seinen Abendmahlskelch überreichte. Die katholischen Eucharistie und das evangelischen Abendmahl trenne nach wie vor die beiden Kirchen, erklärte Ramelow den hohen Stellenwert dieser großen Geste. Papst Franziskus sei ein „beachtenswerter, spannender und politischer Mensch“, der „ohne erhobenen Zeigefinger“ agiere, bescheinigte Thüringens Ministerpräsident dem Heiligen Vater.

Eine halbe Stunde Audienz war dem Politiker zugesichert worden – eine Viertelstunde im persönlichen Gespräch und eine weitere mit der Delegation, die aus Verantwortlichen bestand, die direkt in der Flüchtlingsarbeit tätig sind. Dass sein Gespräch ihm „wie gefühlte drei Stunden“ vorkam, fünfundzwanzig Minuten dauerte und das der mitgereisten Gruppe dementsprechend kurz ausfiel, verschwieg Ramelow nicht. Man habe über das Reformationsjahr 2017 gesprochen, das die Christen beider Kirchen gemeinsam gestalten. Im Mittelpunkt allerdings stand die Thematik, wie die Deutschen mit den Flüchtlingen umgehen. Gegenüber der Bundesregierung und dem Satz der Kanzlerin: „Wir schaffen das!“ habe der Pontifex großen Respekt gezeigt.

Thüringens Ministerpräsident machte aber auch deutlich, dass man diesen Satz als Thüringer Landesregierung aufnehme und sage: „Wir sorgen dafür, dass wir es schaffen!“ Zudem habe sich Ramelow beim Papst ausdrücklich dafür bedankt, dass die Beleuchtung des Erfurter Doms „ausgeknipst“ wird, wenn „finstere Reden“ über den Domplatz schallen. „Beten Sie für mich“ habe Papst Franziskus bei der Verabschiedung gesagt. Der berührende Satz eines Menschen, vor dem er sich „tief verneige“.

Franziskus’s Aussage „Diese Wirtschaft tötet“, aus einem Lehrschreiben des Papstes, das das globale Wirtschafts- und Finanzsystem komplett in Frage stellt, bildete die Grundlage für die Diskussion, in der es um Flüchtlingskrise, sinkende Agrarpreise, Rüstungsexporte oder die deutsche Außenpolitik ging.

Musikalisch virtuos umrahmt wurde die Veranstaltung von Sarah (Cembalo) und Artashes Stamboltsyan (Violine), gebürtigen Armeniern, die seit über zwanzig Jahren in Reichenbach leben und arbeiten.

Antje-Gesine Marsch @15.06.2016

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