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Längst vergessen in Greiz? Der Wildpark

Längst vergessen in Greiz? Der Wildpark

Die sogenannte »Hirschkirche« wurde im Jahr 1836 gebaut. Sie diente nicht nur der Staffage, sondern auch als Wildfütterplatz. Sie brannte im Jahr 1927 ab.

Im Gommlaer Forst wurden im Jahr 1864 fünfzig einheimische Wildtiere untergebracht

GREIZ. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts war der Hochwildbestand in den thüringischen Wäldern stark geschrumpft. In vielen Waldgebieten wurden deshalb Hochwildreservate eingerichtet, um den Bestand zu schützen. Auch im Greizer Forst ließ der Bestand sehr zu wünschen übrig, deshalb suchte man nach geeigneten Schutzmaßnahmen. Der damals regierende Fürst, Heinrich XXII., Reuß ältere Linie (1846-1902) war seit jeher ein Liebhaber des Waldes und der Jagd. Der Fürst begrüßte die Möglichkeit eines Wildparks und beauftragte die Landeskammer mit der Prüfung und Durchführung der Maßnahme. Zunächst musste ein geeigneter Standort gefunden werden – und zu viel kosten durfte die Sache auch nicht. Die Landeskammer traf in Abstimmung mit dem Greizer Jagd-und Forstdepartment die Wahl eines Reviers. Die Wahl fiel auf Waldhaus. Der Fürst plante jedoch dort den Bau eines Jagdschlosses, das 1871 auch errichtet wurde. Oberforstmeister von Planitz wies deshalb darauf hin, dass die geplante Umzäunungsfläche für das Vorhaben zu klein sei – und so fiel die Wahl letztlich auf ein anderes Gebiet. Am geeignetsten schien das Gommlaer Jagdrevier, zumal die dort ansässigen Bauern sowieso über Wildschäden klagten. Dort war auch der Wildbestand größer.
Im Jahr 1862 wurde das Vorhaben verwirklicht. Man hatte für 4000 Taler im Gommlaer Forst Flächen gekauft und konnte dort 50 einheimische Tiere unterbringen. Die Klagen der Bauern wegen Wildschäden nahmen aber nicht ab und so entschied man sich auf Anraten des Oberforstmeisters zur Erweiterung des Parks, der nunmehr den gesamten Gommlaer Wald und somit um die 540 Hektar umfasste. Ab dem Jahr 1868 musste die Landeskammer allein für die Unterhaltung des Wildparks aufkommen. Der Bestand an Hochwild nahm jährlich zu, so dass bald die äsungsfläche nicht mehr ausreichte. So musste die Landeskammer zusätzliche Mittel bereitstellen, um die Tiere mit Getreide, Bohnen, Mais und Erbsen zu versorgen. Deshalb wurden innerhalb des Parks Felder bestellt, die zweieinhalb Hektar umfassten. Die Fütterung des Wildes übernahmen drei Forstarbeiter.
Als Aufsehen erregendes Ereignis empfanden die Greizer Bürger die Brunftzeit im Wildpark, die im September und Oktober stattfand. Als beliebteste Brunftstätte wurde die Mühlengassenwiese am Sauwehr genannt. Dort sollen bis einhundert Hirsche zusammengekommen sein. Oft kam es zu Kämpfen zwischen zwei Hirschen, die ebenfalls gern beobachtet wurden. Da das heimische Wild nicht sehr fruchtbar war musste bald Fremdwild importiert werden, um den Fortbestand zu erhalten. Im Jahre 1887 zählte man im Wildpark 200 Tiere. Zwischen 1888 und 1892 wurde blutedles Wild, z.B. aus Böhmen eingeführt. Schon 1896 waren 102 Tiere im Wildpark fremden Blutes. 1897 wurde das Reservat mit etwa 500 Tieren besiedelt, was zur maßlosen Überfüllung des Geheges führte, deshalb sollte der Bestand nicht zuletzt wegen der hohen Unterhaltungskosten auf 300 Tiere gesenkt werden. Das Greizer Wild war sehr begehrt und so konnte die Landeskammer durch den Verkauf die leere Staatskasse gut auffüllen. Der Wildpark hatte nur noch Bestand, weil der Fürst dies anordnete. Man hatte Heinrich XXII. schon länger angeraten, den Park aufzulösen und so ist es nicht verwunderlich, dass der Park sofort nach dem Ableben des Fürsten im Jahr 1902 genau das erfuhr. Die Auflösung wurde vom neuen Greizer Regenten, Heinrich XIV. Reuß Jüngere Linie betrieben, der für derlei sinnlose Späße kein Geld bereitstellen wollte. So wurden die Hirsche an den Futterstellen eingefangen und entweder verkauft viele nach England oder abgeschossen. Ein kleiner Teil ging an das Jagdrevier Pöllwitz und zehn der Rasse Tuppelsburger wurden an einen schlesischen Rittergutsbesitzer zum Abschuss freigegeben, der dafür 10000 Mark bezahlte. Man sagt, dessen Interesse galt nicht den Hirschen, sondern deren prächtigen Geweihen.

Antje-Gesine Marsch @29.08.2018
Quelle: Heimatbote 09/99

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