Beiträge aus dem Landkreis Greiz und Umgebung
Foto: Silke Groß
NACHGEDACHT
– 800 JAHRE GREIZ
– Aus der Geschichte der Stadt Greiz — ein Überblick II. Teil (Sven Klein)
– Greiz einst und jetzt
AUS STADT UND LANDKREIS
– 3. Oktober 2009 (Irmengart Müller-Uri)
– Greizer Treffen 2009 (Irmengart Müller-Uri)
– Wir stellen vor: Stefanie Nooke, Bibliothekarin im Sommerpalais (Irmengart Müller-Uri)
WEIHNACHTLICHES
– Vogtländische Weihnachtslieder im 19. Jahrhundert (Andreas Raithel)
– Weihnachtszeit — Kinderzeit, Erinnerungen an Julius Mosen (Günter Hummel)
– Weihnachtsgedichte
VERANSTALTUNGEN
– Veranstaltungsplan Dezember 2009
– Aus dem kulturellen Leben (Irmengart Müller-Uri)
– 62. Stavenhagen-Wettbewerb (Irmengart Müller-Uri)
– Zeugnisse alten Handwerks — Hermann Müller berichtet über Mühlen an der Wisenta (Dr. Frank Reinhold)
REZENSIONEN
– 575 Jahre Untergeißendorf — eine neue Festschrift (Sven Klein)
– 2 Hufen für das Kloster Mildenfurth — Festschrift zur 800-Jahrfeier von Zwirtzschen (Dr. Frank Reinhold)
– Die Geschichte der Kirche und des Rittergutes Pölzig (Sebastian Schopplich).
NATUR UND UMWELT
– Aktion „Lebensraum Kirchturm“ nun auch in Großenstein, Mückern und dem Kloster Mildenfurth (Sebastian Schopplich)
WETTER
– Das Wetter im Oktober 2009 (Heinrich Popp)
Herausgeber: Förderverein Heimatbote e.V.
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NACHGEDACHT
Foto: A.Coburger
Was von Anfang an war, was wir gehört haben,
was wir mit unseren Augen gesehen,
was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben,
das verkünden wir: das Wort des Lebens.
(1. Joh 1,1)
Aus der Geschichte der Stadt Greiz – ein Überblick
11. Teil – Bemerkenswertes über die eingemeindeten Ortsteile Irchwitz, Reinsdorf, Waltersdorf und Schönfeld
Foto: Sven Klein
1834/36 erhielt Pohlitz sein erstes eigenes Schulgebäude, das schon 1863 erweitert werden musste. Ein weiteres Schulgebäude, die „Glockenschule“, wurde 1884 eingeweiht, welche 1967/68 einen großzügigen Anbau erhielt und als Polytechnische Oberschule den Namen des Sportlers Werner Seelenbinder trug. Dieses Schulgebäude diente ebenso wie das 1898 errichtete dritte Pohlitzer Schulgebäude nach 1993 bis zum Umzug in die Greizer Marienstraße als Förderschule „Friedrich Fröbel“, während die Grund- und Regelschüler die 1978 erbaute und 2002/03 grundlegend modernisierte Schule an der Pohlitzer Straße besuchen. Seit den 1960er Jahren errichtete man zwei große komplexe Neubaugebiete in Pohlitz mit den heute bekannten städtebaulichen Problemen, die Leerzug und teilweisen Rückbau zur Folge haben. Ein weiteres Wohnbaugebiet entstand unter der Bezeichnung „Pohlitz-Nord“ ab 1994. Gemeinsam mit Irchwitz erfolgte am 1. April 1921 nach langen Verhandlungen die Eingemeindung nach Greiz. Mit gewissem Stolz auf ihre Geschichte feierten die Pohlitzer 1994 ihre 600-Jahr-Feier und gaben mit den „Pohlitzer Impressionen“ eine Festschrift heraus, die die lange Geschichte von „Kolin“, so der Pohlitzer Neckname, in geeigneter Weise widerspiegelt.
Raasdorf geht auf den slawischen Kurznamen „Ras“ („froh“) zurück, wobei die Endung -dorf bereits den deutschen Einfluss erkennen lässt und daher als slawisch-deutscher Mischname anzusehen ist. Am 23. Mai 1449 wurde die Siedlung erstmals als „Rastorff“ erwähnt, als er im Teilungsvertrag der reußischen Herrschaft Vorderschloss zugeordnet wurde. Acht begüterte Familien bewohnten im 16. Jahrhundert den Ort. Lange Zeit änderte sich daran kaum etwas. Erst das 19. Jahrhundert brachte auch hier die meisten Veränderungen. Bis 1843 waren schon 22 Wohnhäuser entstanden. Mit der Industrialisierung kam es nochmals zur Bevölkerungsvergrößerung, insbesondere durch den Zuzug von Arbeiterfamilien. Die Raasdorfer Flur umfasste lediglich etwa 197 ha. 1910 war die ortsansässige Bevölkerung auf 496 Einwohner angestiegen. Von 1871 bis zur Eingemeindung nach Greiz 1922 bildete Raasdorf einen eigenen Schulbezirk, 1965 wurde die bis 1873 an der Mohlsdorfer Straße errichtete Schule jedoch wieder geschlossen. Dominierende Hauptgebäude des Ortes sind der unter Denkmalschutz stehende, gegenwärtig allerdings unbewirtschaftete Gasthof und die 1925/26 errichtete ehemalige Turnhalle. Der Vorgängerbau des Gasthofes brannte übrigens 1899 bis auf die Grundmauern ab, als sich vermutlich das in einem Nebenraum des Saales gelagerte Heu entzündete. Kurz darauf stand das ganze Gebäude in Flammen und trotz des schnellen Einsatzes der Feuerwehr war vom alten Fachwerkbau des Gasthofes nichts mehr zu retten.
Historische Ansichtskarte aus der Sammlung Sven Klein
Zur 555-Jahr-Feier im Jahre 2004 würde vom Ortschaftsrat eine reich illustrierte Festschrift herausgegeben, die weitere bemerkenswerte Einblicke in die Geschichte und Traditionen dieses Greizer Ortsteils gewährt.
Kirchlich wurden übrigens Pohlitz und Raasdorf 1892 aus dem Verband mit Greiz herausgelöst und waren gemeinsam bis 1944 eine eigenständige Kirchgemeinde. In Pohlitz errichtete man 1893/94 einen großzügigen Kirchenbau für beide Gemeinden im neuromanisch-byzantinischen Stil. Dieses Kirchengebäude bewahrte auf Grund nur weniger baulicher Veränderungen bis heute den architektonischen Zeitgeist des ausgehenden 19. Jahrhunderts. 1892 erhielten beide Dörfer je einen eigenen Friedhof. Obwohl Waldhaus natürlich kein Greizer Ortsteil ist, soll die Waldsiedlung nicht unerwähnt bleiben, da sie bis heute eigentlich untrennbar mit Greiz verbunden ist.
Auf einer Rodungsinsel der Hochfläche des Greiz-Werdauer Waldes entstanden spätestens seit dem 16. Jahrhundert mit der Kalkhütte und dem herrschaftlichen Kammergut (ehemaliges Forstamt) die ersten Siedlungssubstanzen. Älteste urkundliche Überlieferungen besagen, dass um 1580 der hohe Rat der Stadt Greiz die Kalkgrube von der Untergreizer Landesherrschaft gepachtet und dafür ein jährliches Belehnungsgeld zu entrichten hatte. Bereits 1587 war diese Grube aber wieder in herrschaftlicher Nutzung. Seit dem 19. Jahrhundert entwickelte sich der heute zu Mohlsdorf gehörige Ortsteil mit dem damaligen Gasthof Schweitzer zu einem beliebten Ausflugsziel. Zwischen 1871 und 1873 ließ Fürst Heinrich XXII. Reuss Aelterer Linie (1846-1902) in unmittelbarer Nähe des ihm seit seiner Kindheit bekannten Kammergutes sein neues Jagdschloss „Ida- Waldhaus“ als zweiflüglige Anlage mit ländlichem Charakter im historistischen Stil errichten. Von dieser 1898 durch den Anbau eines Turmes nochmals erweiterten Anlage bestehen leider seit den Umbauten zu einem touristischen Mehrzweckgebäude Ende der 1960er Jahre nur noch spärliche Reste.
Im ehemaligen reußischen Kammergut und späteren Forstamt in Waldhaus befand sich einige Monate lang die erste Unterkunft des Greizer Rettungshauses, das unter dem Namen
„Carolinenfeld“ bis heute bekannt ist.
„Carolinenfeld“ bis heute bekannt ist.
Historische Ansichtskarte aus der Sammlung Sven Klein
Die Festlichkeiten des Jubiläumsjahres 800 Jahre Greiz werden am Ende diesen Monats Geschichte sein. Hinter uns Greizern liegen ereignisreiche, interessante und unterhaltsame Tage. Höhepunkt des Festjahres war zweifellos der Thüringentag, der gemeinsam mit vielen Gästen aus Nah und Fern, darunter über mehrere Tage hinweg mit dem damaligen thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus, zum besonderen Erlebnis wurde. Die nunmehr abgeschlossene Artikelfolge im „Heimatboten“ sollte einen knappen Überblick, insbesondere Bemerkenswertes zur Greizer Geschichte vermitteln. Nicht über alles konnte berichtet werden, es sollte bei Streiflichtern bleiben.
Wer die Quellenangaben vermissen sollte, der möge sich an den Autor wenden, der gern für weitere Auskünfte zur Verfügung steht.
Sven Klein
Verein für Greizer Geschichte e. V
GREIZ EINST UND JETZT
Foto und Repro: Fotoclub Greiz e.V.
3. Oktober 2009 – Greiz im Blickpunkt
Foto: Müller-Uri
In den Räumen der Museen der Schloss- und Residenzstadt Greiz im Unteren Schloss wurde am Vormittag des 03. Oktober zu den Geschehen im Herbst 1989 eine dreiteilige Exposition eröffnet. Der erste Teil kommt von der Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ und trägt den Titel „Damals in der DDR“, der zweite dokumentiert die Arbeitsweise der Stasi und der dritte widmet sich den Demonstrationen und den Ereignissen zur politischen Wende in der Stadt Greiz.
Es ist eine Ausstellung, die gegen das Vergessen ankämpft. Aber auch „gegen das Verklären, gegen das Verharmlosen, was der Staat DDR war“, betonte Karsten Schaarschmidt in seiner Eröffnungsrede. Er selbst gehörte zu den ersten Unterzeichnern des „Aufbruch ’89“ und den ersten Sprechern des Neuen Forums in Greiz und war damit in die Vorhaben zur politischen Wende integriert. Ende November 1989 hatte das Neue Forum in Greiz schon 1.200 Mitglieder, am 28. Oktober waren zur ersten öffentlichen Demo etwa 10.000 Menschen auf die Straße gekommen. Rudolf Kuhl hatte den Mut besessen, diese Demo bei der Volkspolizei anzumelden. Da das „Neue Forum“ an diesem Tag aber noch nicht anerkannt war, wurde Kuhl nur eine „private Demonstration“ genehmigt. Wohl die einzige in dieser Zeit. Fotos von diesen Protestzügen fertigte Christian Freund heimlich an, sie sind im Großformat an den Wänden der Ausstellungsräume im Unteren Schloss zu sehen. Was die Ausstellung nicht einfangen kann, sind die Gefühle der Demonstranten und auch ihre Angst, inhaftiert oder beschossen zu werden.
Deshalb ist es wichtig, dass die Praxis der Stasi-Mitarbeiter in der Exposition vorgestellt wird, man bekommt das Grauen, wenn man sieht, mit welchen Mitteln gearbeitet wurde.
Foto: Müller-Uri
Am Nachmittag war es dann soweit: In der Greizer Stadtkirche begann der Festakt des Freistaates Thüringen zum „Tag der Wiedervereinigung“. Der Greizer Bürgermeister Gerd Grüner konnte etwa 400 geladene Gäste aus Greiz und aus dem Freistaat Thüringen begrüßen, unter ihnen die Präsidentin des Thüringer Landtags, Birgit Diezel, den Stellvertreter des Ministerpräsidenten Dr. Volker Sklenar, den Ministerpräsidenten a. D. des Freistaates Sachsen, Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, die Bischöfin der Vereinigten Evangelischen Kirchen Mitteldeutschlands, Ilse Junkermann, Bischof Dr. Wolfgang Warnke und einen Vertreter der Jüdischen Landesgemeinde.
Grüner gab einen kurzen Rückblick auf die Ereignisse von 20 Jahren, eine Zeit, in der zutage trat, dass es „in Greiz starke demokratische Wurzeln gibt.“
Die Vogtland Philharmonie Greiz/ Reichenbach (VPH) unter der Leitung von GMD Stefan Fraas eröffnete die Veranstaltung festlich und majestätisch mit der Ouvertüre zur „Feuerwerksmusik“ von Georg Friedrich Händel, einem der Jubilare dieses Jahres.
Ilse Junkermann, die neue Evangelische Bischöfin, nahm Bezug auf das Alte Testament, auf die Geschichte der Befreiung der Israeliten aus der Knechtschaft der Ägypter, auf ein Gottvertrauen, das vor 20 Jahren auch die große friedliche Revolution in Deutschland mit getragen hat. Sie stellte klar: „Erinnerung ist keine Nostalgie. Freiheit und Bürgerrechte sind unsere Aufgaben“ und appellierte an alle Erwachsenen: „Erzählt euren Kindern und Enkeln, wie es wirklich war.“
Foto: Müller-Uri
Mit einer Interpretation des Schlusssatzes der 9. Sinfonie in d-Moll von Ludwig van Beethoven in der Interpretation durch die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach (VPH) unter Leitung von GMD Stefan Fraas endete der Festakt.
Eine Stunde später hatten alle Greizer die Möglichkeit, die gesamte Sinfonie zu hören. Wie schon am Nachmittag, kamen auch am Abend zu den Musikern der VPH Sänger der Singakademie Plauen e. V. und der Singakademie Chemnitz e. V. sowie die Solisten Ursula Ruperti, Sopran; Sonja Koppelhuber, Alt; Erwin Feith, Tenor, und Sebastian Richter, Bass, hinzu Fraas gestaltete das Werk vom vagen, düsteren Beginn bis zum fulminanten, jubelnden Ende mit Vehemenz, aber auch mit Tiefe der Empfindung, und erhielt von den Zuhörern in der voll besetzten Kirche stürmischen Beifall.
Irmengart Müller-Uri
Greizer Treffen 2009
Foto: Müller-Uri
Am 2. Oktober begann das Greizer Treffen mit einer offiziellen Festveranstaltung in den Fürstensälen des Oberen Schlosses. Der Greizer Bürgermeister Gerd Grüner begrüßte mit dem „Fürstenpaar“ die Gäste und es gab musikalische Begrüßungen vom Frauenchor Schönfeld unter Leitung von Sabine Dietzsch und von dem Violinduo Raoul Stirkat und Carolin Kostial von der Musikschule „Bernhard Stavenhagen“ Greiz. Filmvorführungen zu den Restaurierungsarbeiten am Oberen Schloss, zur Stadt Greiz und zum „Thüringentag“ in Greiz stellten die Stadt und das Leben in ihr im Jahr 2009 vor. Auch für kulinarische Genüsse war gesorgt.
Foto: Müller-Uri
Einen Tag später, am 03. Oktober, dem „Tag der Einheit“, zeigte sich Greiz bei schönstem Spätsommerwetter. Führungen durch Stadt und die Neustadt, Besuch der Ausstellung „Rückblende und Aufbruch“ im Unteren Schloss, der Karikaturen der VI. Triennale im Sommerpalais, einer szenischen Lesung im Weißen Saal des Unteren Schlosses und des „Konzertes zum Tag der Deutschen Einheit“ am Abend konnten die Greizer und ihre Besucher an diesem Tag wahrnehmen. Es war eine ringsum gelungene Präsentation der 800-jährigen Stadt Greiz.
Irmengart Müller-Uri
Wir stellen vor: Stefanie Nooke, Bibliothekarin im Sommerpalais
Foto: Pia Büttner
Heimatbote (HB): Frau Nooke, Sie kamen im Frühjahr zur Vorstellung nach Greiz. Welchen Eindruck hatten Sie von unserer 800-jährigen Stadt?
Nooke: Einen ausgesprochen positiven. Bei herrlichem Wetter kam ich in die Stadt und war von dem Blick auf das Ensemble Unteres und Oberes Schloss und die ringsum großzügige Anlage beeindruckt.
HB: Die Greizer Bürger interessiert es natürlich, woher Sie zu uns kommen und welchen beruflichen Weg Sie bisher absolviert haben. Können Sie uns dazu einige Angaben machen?
Nooke: Meine Heimatstadt Forst an der Neiße liegt im Bundesland Brandenburg, unmittelbar an der Grenze zu Polen. Dort wurde ich 1975 geboren und schloss meine Schulbildung mit dem Abitur ab. Anschließend studierte ich an der Universität Leipzig in der Fachrichtung Geisteswissenschaften Französistik, Italianistik und Kunstgeschichte. Nach Abschluss dieses Studiums nahm ich an der Humboldt-Universität Berlin ein Aufbaustudium in der Fakultät Bibliothekswissenschaft auf, das ich in Form eines Fernstudiums absolvierte. Ab Januar 2006 war ich als Bibliothekarin am Goetheinstitut in Rom tätig. Nach drei Arbeitsjahren in Rom hatte ich Lust auf Veränderung und wurde durch Zufall auf Greiz aufmerksam.
Hier stellte ich bei meinem Vorstellungsgespräch fest, dass das Arbeitsfeld im Sommerpalais alle Bereiche vereint, für die ich ausgebildet bin und für die ich brenne.
HB: Und womit haben Sie begonnen?
Nooke: Zunächst verschaffte ich mir einen Überblick über die Bestände und die Geschichte der Sammlung. Die Bücher stammen ja aus mehreren Jahrhunderten und weisen unterschiedliche Provenienzen auf. Zudem sind die Bücher durch die Sanierung des Hauses noch verteilt und müssen neu aufgestellt und katalogisiert werden.
Foto: Pia Büttner
Nooke: Die Bibliothek beherbergt im Wesentlichen drei Büchersammlungen. Zum Ersten ist es die fürstliche Hofbibliothek, die Heinrich XI. etwa ab 1747 anlegte. Sie wurde planmäßig weitergeführt und nach 1848 durch Buchbestände der englischen Prinzessin Elizabeth, der Landgräfin von Hessen / Homburg, ergänzt. Diese Bibliothek des Hauses Reuß älterer Linie enthält einen großen Prozentsatz französischer Literatur.
Der zweite Bibliothekskern stammt aus dem Gymnasium Rutheneum Gera. Er kam 1921/22 hinzu und enthält unter anderem bedeutende theologische und philosophische Schriften.
Die dritte Abteilung ist die kunstwissenschaftliche Handbibliothek mit wissenschaftlichen Werken zu Grafik, Kunstgeschichte und Karikatur.
HB: In welcher Form wird die Bibliothek ab Dezember der Öffentlichkeit zugängig gemacht?
Nooke: Die Benutzer können dann die Bücher unserer Bibliothek in einem Lesesaal konsultieren.
HB: Welche Aufgaben übernehmen Sie dabei?
Nooke: Die Benutzer können sich von mir beraten und die Bücher zur Konsultation ausgeben lassen. Meine Aufgabe wird es außerdem sein, die Bestände weiter zu pflegen und gegebenenfalls fehlende Bestände zu ergänzen. Die Katalogisierung wird auch bis zur Eröffnung der Bibliothek noch nicht abgeschlossen sein und muss weitergeführt werden, denn schließlich ist uns Transparenz durch die weltweite Recherchierbarkeit unserer Bestände ein Anliegen.
HB: Ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen alles Gute.
Das Gespräch führte: Irmengart Müller-Uri
Vogtländische Weihnachtslieder im 19. Jahrhundert
Archiv Andreas Raithel
Inwieweit es in früheren Jahrhunderten im Vogtland volkstümliche Weihnachtslieder in Mundart gegeben hat, lässt sich schwer sagen. Die meisten Mundart-Weihnachtslieder entstanden sowieso erst im Industriezeitalter, als Heimatdichter begannen, die Bräuche ihrer Region zu beschreiben. Immerhin gibt es eine vogtländische Fassung des seit etwa 1800 im Erzgebirge nachweisbaren bekannten „Heilig-Ohmd-Liedes“. Johann August Ernst Köhler (1829-1903), Realschullehrer in Reichenbach, fand diese Liedfassung in Waltersdorf bei Greiz und veröffentlichte die 11 Strophen 1867. (3)
Weihnachten ist ein Fest mit einer christlichen Wurzel, das Fest der Geburt Christi. Alljährlich wird in den Kirchen die Weihnachtsgeschichte erzählt, als Text, als Lied und als Spiel. Die Verkündigung der Botschaft von der Geburt des Heilands hatte früher die zentrale Bedeutung für das Weihnachtsfest. Ein privates Weihnachtsbrauchtum war dem völlig untergeordnet oder existierte lange Zeit überhaupt nicht. Die Lieder wurden also in den Kirchen gesungen und zu Hause dürfte lediglich das eine oder andere Lied wiederholt worden sein.
Wenn wir also wissen wollen, welche Weihnachtslieder in früherer Zeit gesungen wurden, dann hilft ein Blick auf die alten Kirchengesangbücher. Im protestantischen Kulturkreis, vor allem auch in Mitteldeutschland, gab es vor allem im 18. und 19. Jahrhundert in einer Vielzahl von Städten Kirchengesangbücher, die von den jeweiligen Superintendenten und Pastoren herausgegeben wurden. Diese Geistlichen wählten die ihnen genehmen Lieder aus.
Archiv Andreas Raithel
Die Kirchengesangbücher unterscheiden genau zwischen Advent-, Weihnachts-, Neujahrs- und Hochneujahrsliedern. Das Greizer Gesangbuch enthält z.B. 20 Adventslieder, 33 Weihnachtslieder, 13 Neujahrslieder und 6 Lieder auf das Fest der Erscheinung Christi; das Reichenbacher 21 Adventslieder, 18 Weihnachtslieder, 11 Neujahrslieder und 3 Lieder aufs hohe neue Jahr; das Ascher 13 Adventslieder, 18 Weihnachtslieder, 9 Neujahrslieder, 6 Jahresschlusslieder und 3 auf das Fest der Erscheinung Christi.
Als Textautoren der Weihnachtslieder erscheinen im Greizer Gesangbuch: Johann Friedrich Ruopp, Ehrenfried Liebich, Christian Fürchtegott Gellert, Caspar Friedrich Nachtenhöfer, Laurent Laurenti (Lorenz Lorenzen), Paul Gerhard, Martin Luther, Elisabeth Kreutziger, Urban Langhans, Nikolaus Hermann, Johann Jacob Rambach, Philipp von Zesen, Caspar Füger, Johann Eber- wein und Johann Andreas Cramer. Im Reichenbacher Gesangbuch sind es Johann Friedrich Danneil, Martin Luther, Nikolaus Hermann, Christian Fürchtegott Geliert, Caspar Füger, Gottfried Benedikt Funk, Christoph Christian Sturm, Balthasar Münter, Daniel Schiebeler, Christoph Friedrich Neander, Johann Jacob Rambffch, Erasmus Francisci, Wolfhart und J. C. Kraft. Die Autoren der Texte im Ascher Gesangbuch heißen Martin Luther, Christian Fürchtegott Gellert, Christoph Friedrich Neander, Balthasar Münter, Caspar Ziegler, Christoph Christian Sturm, Nikolaus Hermann, Johann Rist (nicht ausgewiesen), G. W. C. Starke und J. C. Kraft. Unter den Textdichtern sind sehr bekannte Autoren. Andere können biographisch erschlossen werden. Von einigen inzwischen total vergessenen Dichtern lassen sich selbst diese Angaben nur schwerlich erbringen. Bei aller Unterschiedlichkeit der drei Gesangbücher ist jedoch festzustellen, dass sie den Geist ihrer Zeit widerspiegeln. So enthalten zwar alle Gesangbücher Lieder aus den verschiedenen Epochen, der Reformation, der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges, der Aufklärung und des Pietismus, aber es finden sich eben die für jene Zeit in Mitteldeutschland gebräuchlichen Texte. Ein Vergleich mit älteren und jüngeren Gesangbüchern macht deutlich, dass den meisten Liedern kein fester Platz beschieden war und viele Texte immer wieder ausgetauscht wurden.
Archiv Andreas Raithel
Alle übrigen Weihnachtslieder wurden nach Melodien anderer Lieder gesungen, im Greizer nach 18, im Reichenbacher nach 11 und im Ascher nach 13. In allen drei Gesangbüchern sind das vor allem die Melodien der Lieder „Gelobet seist du Jesu Christ“, „Wir Christenleut habn jetzund Freud“ (Weise: Johann Crüger, 1653), und vor allem nach „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Der Text des letzteren Liedes — Worte und Weise stammen von Martin Luther — steht in keinem der drei Gesangbücher, er war jedoch so populär, dass er jedermann bekannt war. Auf die Melodie des Liedes dichtete z.B. David Trommer (um 1640-1714), ein gebürtiger Plauener, die Verse für das Einzugs- und Abzugsliedchen in der an seine vogtländische Heimat erinnernden „Kurtzen-Christ-Komödie“, die 1670 in der „Nickerischen Poesie“ erschien. (5)
Auf Luthers Lied dichtete Christian Fürchtegott Gellert den Text „Dies ist der Tag, den Gott gemacht“, der sich in allen drei Gesangbüchern findet.
Allgemein bekannt war auch die Melodie des Liedes „Nun freut euch lieben Christen gmein“, dessen Text von Martin Luther in keinem der drei Gesangbücher abgedruckt ist. Zwei Lieder im Greizer Gesangbuch, „Auf! Freuet euch von Herzen“ (Worte: Johann Friedrich Ruopp) und „Gott hätte dein geliebter Sohn“, und der Text des Liedes „Nun lasst uns alle fröhlich sein“ (Worte: G. W. C. Starke) im Ascher Gesangbuch sind auf diese Melodie geschrieben.
Archiv Andreas Raithel
Auf das 1653 vom Gubener Bürgermeister Johann Franck (1618-1677) gedichtete und in allen drei Gesangbüchern vorhandene Lied „Jesu, meine Freude“ hat Balthasar Münter (17351793), Prediger zu Kopenhagen, den Text des Weihnachtsliedes „Jesus ist gekommen!“ geschrieben, der im Reichenbacher und im Ascher Gesangbuch enthalten ist.
Der 1883 gegründete „Evangelische Kirchengesangverein für Deutschland“ mühte sich um eine Erneuerung des Kirchengesangs. Mit der Herausgabe von Landeskirchengesangbüchern wurde das evangelische Kirchenlied- Repertoire vereinheitlicht. Das für Mecklenburg, Sachsen und Thüringen verbindliche Evangelische Kirchengesangbuch von 1981 enthält 14 Adventslieder, 21 Weihnachtslieder, 10 Lieder zum Jahreswechsel und 8 Lieder zu Epiphanias. (6) Lediglich ein einziger Text, der in allen drei älteren Gesangbüchern abgedruckt war, findet sich auch hier: „Gelobet seist du, Jesu Christ“. Im Einheitsgesangbuch von 1981 sind noch drei weitere Texte aus dem Greizer Gesangbuch von 1836, „Lobt Gott ihr Christen alle gleich“, „Fröhlich soll mein Herze springen“ und „Dies ist der Tag, den Gott gemacht“, sowie zwei aus dem Ascher Gesangbuch von 1843, „Ermuntre dich, mein schwacher Geist“ und „Dies ist der Tag, den Gott gemacht“, zu finden. Von den nicht abgedruckten, aber in allen drei Gesangbüchern genannten Liedern sind es „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ und „Wir Christenleut haben jetzund Freud“. Einige bekannte und oft auch ältere Weihnachtslieder, die im heutigen Einheitsliederbuch ganz selbstverständlich vertreten sind, fehlen in den besprochenen Ausgaben der alten evangelischen Kirchengesangbücher des Vogtlandes wie z.B. „Es ist ein Ross‘ entsprungen“, „Ich steh an deiner Krippen hier“ oder „Nun singet und seid froh“. Dass das letztere auch unter dem Titel „In dulci jubilo“ bekannte Lied im Vogtland zumindest im 18. Jahrhundert gesungen wurde, belegen jedoch das Reichenbacher Gesangbuch von 1777 und das Zwickauer von 1778. (7) Es ist ein Hinweis darauf, dass das Repertoire des Liedgutes ständigen Wandlungen unterworfen war.
Andreas Raithel
Anmerkungen:
1) Sachsen, Albert Herzog zu: Weihnacht in Sachsen, Bamberg 1992, S. 101 f.
2) Angaben nach: Lieder der Weihnacht. Hundert bekannte Weihnachtslieder zum Singen und Spielen, Leipzig 1981
3) Köhler, Johann August Ernst: Volksbrauch, Aberglaube und andre alte Ueberlieferungen im Voigtlande, Leipzig 1867, S. 396 f.
4) Gesangbuch für die Reuß-Plauischen Lande älterer Linie, 11. Auflage, Greiz 1836; Das Reichenbacher Gesangbuch, 5. Auflage, Zwickau 1834; Neues Gesangbuch für die evangelischen Gemeinden der Herrschaft Asch, 4. Auflage, Asch 1843
5) M. David Trommers, Von Plauen im Voigtlande/ Keyserl. gekr. Poetens/ und der H. Schrifft Ergeb. Nickerische Poesie, Dresden 1670, S. 28-34 (Ratsschulbibliothek Zwickau)
6) Evangelisches Kirchengesangbuch, Berlin 1981
7) Das Reichenbachische Gesangbuch, 2. Auflage, Reichenbach 1777; Neues vollständiges Zwickauisches Gesangbuch, Zwickau 0.J. (1778)
Heilig-Obmd-Lied
Vogtländische Fassung
aufgezeichnet von Dr. Johann August
Ernst Köhler in Waltersdorf bei Greiz
Heut hob’n mer heilig Obend,
Ihr Mädel kummt ner rei,
Geht naus und sogts der Hanne-Christ,
Se sull bei Zeiten rei.
Refrain :I Tra, Drideldiderum dei dei I:
Mir hob’n den Leuchter ogebrannt,
’s ist doch ä wohre Pracht,
Do drüb’n bei Euch is au recht schö,
Wir hob’n ne Sau geschlacht.
Mir hob’n uns ä Licht gekoft
Für zweiundzwanzig Pfeng,
Mir hob’ns in den Topf gesteckt,
Der Leuchter war ze eng.
Mir hob’n sieben Butterstoll’n,
So lang wie de Ofenbank,
Ihr Kinder, eßt mer netze viel,
Ihr werd’t mer olle krank.
Wos krabbelt aff dem Feuerheerd?
Es prägelt gar su sehr,
Der Bräckelklöos is angebrannt,
Des is ne gute Schmär.
Wer war denn über’n Schwammetopf ?
Gewiß de kleine Gett;
Ei wos, mir wull’ns dem Vater sog’n,
Do musst de gleich ze Bett.
Do drob’n in Eurer Feueress‘,
Do kann net richtig sei,
Do zanken sich de Leberwürst
Und kimmt doch kane rei.
Verfluchter Gung, der Schiebock
schreit,
Er is ja net geschmiert,
Und wenn uns der Förster kreit
So wer’n mer rei geführt.
Ei, Christel mach den Thorweg zu,
Do draußen steht ä Knecht,
Ei laßt mer doch den Karl net rei,
De Welt ist gar ze schlecht.
Wos macht Ihr mit dem Tannebaum ?
Ihr bringt mern’n schö herei,
Ihr stoßt mer’n a mei Vogelhaus
Und macht mer’n Krienitz scheu.
Am heil’gen Ohmd um Mitternacht,
Do fließt statt Wasser Wein.
Und wenn ich mich net fürchten thät,
Da holt ich mer än Topf vull rein.
Köhler, Joh. Aug. Ernst: Volksbrauch, Aberglaube, Sagen und andre alte Ueberlieferungen im Voigtlande, Leipzig 1867, S. 306 f.
Weihnachtszeit – Kinderzeit, Erinnerungen an Julius Mosen
Eigene Kindheitserlebnisse werden dabei gerade, wenn man in dieser schönen Zeit der Tageshektik entrinnen kann, lebendig. Und man sollte sich solchen Erinnerungen nicht entziehen. Der aus dem Vogtland stammende Dichter Julius Mosen (1803-1867) erinnerte sich in seinen Werken immer wieder an die eigenen Kindheitstage. So schreibt er in seiner Novellensammlung „Georg Venlot“: „Es waren schöne Zeiten … und ich bedauere den Menschen, welche sich seiner Kindheit schämt und zu vornehm geworden ist, daß alte Bilderbuch dann und wann aufzuschlagen und mit gerührten Herzen darinnen zu blättern. Ist doch das Große und Gute, alles Verfehlte und Schlimme an uns, ja unser ganzes Schicksal, wie die Wahrheit in der Fabel, auch schon auf diesen Blättern zu lesen.
Wir sollten wohl häufiger, als es geschieht, über diese andere Welt der traumseligen Kindheit nachdenken, denn gar oft liegt noch dort eine große Aufgabe, welche wir mannhaft zu lösen haben, für uns aufgezeichnet, soll nicht endlich der Greis vor dem Richterstuhle seiner Kindheit beschämt und vernichtet stehen.“ An anderer Stelle, in seinen „Bilder im Moose“, bekräftigt er seine Kindheitserlebnisse als wichtige Lebenserfahrting: „Das Kind gebraucht sowenig äußerliche Mittel zu seinem Glücke, weil sein inwendiger Poet noch lebendig ist. Nur die älteren Menschen, welche in einer verdorbenen Zeit selbst verdorben worden sind, kennen kein rechtes Glück mehr, weil sie die Poesie verloren haben. Hat es ja Menschen gegeben, deren ganzes Herz nach und nach Speck geworden ist…“.
Stets saß ich während des Gottesdienstes in einem finstern Winkel, an die Orgelwand mit dem Ohre hingeschmiegt, um das Donnern der Töne durch alle meine Nerven beben zu lassen…“. Weiter schreibt er rückschauend, wie er Weihnachten in der alten Dorfschulwohnung erlebte, in der sein Vater als Kirchschullehrer und Kantor tätig war: „Mir ist bei dieser … Erzählung, als wenn ich an einem Weihnachtsmorgen vor Tagesanbruch durch die Ritze eines Fensterladens hineinblickte in deine hell erleuchtete Kinderstube, und sähe die tausend bunten Sachen, den grünen Paradiesgarten mit den Schäfern und Lämmern und den heiligen drei Königen, ausgeschmückt, auf dem Tische, und darüber den Christbaum, schwer von goldenen Aepfeln und Nüssen und mächtigen Pfefferkuchen, mit seinen hundert Wachslichtern funkeln und leuchten, und dich, dem Gebieter über alle Herrlichkeit, unermesslich reich davor stehen.“
Heute wird wohl kaum noch jemand einen Paradiesgarten aufstellen (der Verfasser dieser Zeilen besaß selbst noch einen, was nun auch schon 50 Jahre zurückliegt). Aber auch das Marieneyer Kirchlein aus Mosens Kindertagen hat die Zeiten nicht überdauert.
Oft sind es aber auch die harten Schicksalsschläge, welche gerade um die Weihnachtszeit die Leser ergreifen. Wer denkt da nicht an das eindringliche Kunstmärchen „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Hans Christian Andersen (1805-1875). Dieses verwaiste und verarmte Kind, das Weihnachtsfreuden nur hinter Fenstern anderer sieht, erträumt sich im Abbrennen der Schwefelhölzer eine bessere Welt. Schließlich gleitet es ermattet und innerlich glücklich in die himmlische Sphäre hinüber.
Von Julius Mosen blieb ein Brief vom 21.12.1823 seiner Jenaer Studentenzeit an seine Mutter erhalten, der vom harten Schicksalsschlag durch den Tod des Vaters berichtet, der in diesem Jahr erst 45-jährig verstorben war. Die Witwe mit ihren Kindern musste schon bald die alte Kantorenwohnung, seit des Vaters Nachfolger im Amt war, räumen:
„Theuerste Mutter,
Die Weihnachtsfeiertage sind da, wo sich alle Herzen, jegliches Gemüth erfreut — o, wenn ich mich auch so freuen könnte — das glaubte ich nicht vor einem Jahre, daß ich diese Feiertage nun als Waise sey — daß alle meine Geschwister traurig dastünden ohne Vater. Wie s wohl über das Jahr aussehen wird? Ich hoffe zu unserem Gott, besser als diesesmal. Wenn das Leiden am höchsten wird, da ist ja der Trost am nächsten! —
Wenn nun der Neujahrstag kommt, wo sich Alles freut und glückwünschend zu einander kommt, wo auch Sie vom seeligen Vater Morgens früh beim Kaffee, bei einem Stückchen aufgesparten Stollen seinen Glückwunsch empfingen, wie war Alles so froh. Neun Uhr rückte heran — es schlug zusammen, mit welchem gerührten Herzen gingen sie da in die Kirche, wo der Ton der Orgel und der fromme Gesang des Vaters Sie empfing — wie schauten Sie so dankbar auf zu Gott! Und sollten Sie dies jetzt auch nicht können? Sollten Sie nicht um so liebender und frommer zum Himmel aufschauen, da der seelige Vater oben beym ewigen Vater steht! Da er nun selbst, der ewige Gott, der Wittwen und Waisen ewiger Vater seyn will? Und sollte er uns verderben lassen? 0, nein! Nein! Er schaut herab mit ewiger Huld und in ewiger Erbarmung. Und sahen wir nicht auch in dem endlichen Tode unseres Vaters seine Güte, indem er ihn losband von allen Schmerzen! Daher wünsche ich am Neujahrstage weiter nichts: als Seelenfrieden — und jene fromme Heiterkeit des Herzens in unserem Gott. — Grüßen Sie mir alle Bekannte, Ihren Vetter Eniglein und Frau Muhme, unsere gute gefühlvolle! Großmutter, und Alle, die mich lieb haben, meinen kleinen Gustav, Amalie, Louis! Mit herzlichem Gruße grüßt Sie
Ihr treuer Sohn Julius.“
Günter Hummel
Literatur:
• Sämtliche Werke von Julius Mosen, Oldenburg 1863.
• G. Hummel: Julius Mosen und die alte Marieneyer Dorfkirche, in: Der Heimatbote, Zeitschrift für Geschichte, Kultur und Umwelt aus dem Landkreis Greiz, Heft lund 2/1994.
• D. Seidel: Julius Mosen — Leben und Werk. Eine Biographie, kv kerschensteiner verlag, o. J. (2003).
Weihnachtsgedichte
Im gelobten Lande
Nun erst leb ich ohne Fährde,
seit sich meinem Auge weist
das heilige Land und diese Erde,
die man also lobt und preist.
Mein ist, was ich je erbat,
da ich schauen darf den Pfad,
welchen menschlich Gott betrat.
Schöne Lande, segensreiche,
hab ich Wandrer viel gesehn,
keines, das ich die vergleiche.
Was sind Wunder hier geschehn!
Eine Magd ein Kind gebar
Her von aller Engel Schar:
Ob das nicht ein Wunder war!
Walther von der Vogelweide (Neudeutsch von Karl Simrock)
Weihnachtszeit
Wenn der Weihnachtsbaum grün funkelt
und am Himmel Sterne glühn.
Wenn die Kinder immer munkeln
was sie so zur Weihnacht kriehng‘.
Draußen wird es langsam dunkel,
schau, der Weihnachtsmann kommt
bald.
Wenn er dann am Himmel funkelt,
landet er auf dem Asphalt.
Oh! Jetzt kommen die Geschenke!
Oder doch die Rute drin?
Er legt sie vor den Baum, ich denke,
da legt er die Geschenke hin.
Sabrina Spörl und Fatima Chir, 12 Jahre alt
Winterabend
Wenn die Sonne über
die Schneefelder rollt,
ist jedes Eiskorn
ein Diamant.
Der Abend leuchtet,
ein stilles Gold
fällt in die
gläserne Hand.
Günter Ullmann
Aus dem kulturellen Leben
Der Monat Oktober war noch einmal voll gepackt mit Veranstaltungen, die mit der 800-Jahr-Feier der Stadt Greiz in Zusammenhang standen.
Es begann am 01. Oktober mit einer Vernissage in der Magistrale des Kreiskrankenhauses Greiz GmbH, in der acht bildende Künstler aus dem Greizer Raum mit acht Grafiken und je vier Kunstwerken zu sehen sind. Der Reiz dieser Präsentation: Jeder von ihnen ist eine eigenständige künstlerische Persönlichkeit. Der Greizer Maler Hubertus Blase stellt Landschaften um Greiz vor, Wolfgang Dreßler weist auf das Typische an Gebäuden der Stadt hin, Dieter Hellfritzsch fängt den stimmungsvollen Blick auf die „Hammerscheune“ in den Parkwiesen ein und Bernd Hieke widmet sich der Ornis im Greizer Raum. Das wieder erstandene „Kronentor“ des Unteren Schlosses in Greiz ist unter den Arbeiten von Michael Krause zu finden, dem Besonderen eines „Nächtlichen Blickes auf die Friedensbrücke“ hat sich Lothar Meinhardt gewidmet, Klaus Tiller hält einen Blick durchs Fenster fest und Peter Zaumseil präsentiert den „Neuen Turm“.
Foto: Silke Groß
Am Sonnabend, dem 10. Oktober konnten die Liebhaber von Orgelmusik in der Greizer Stadtkirche einen Orgelabend mit französischer Orgelmusik hören, leider kamen nur wenige. Unter dem Titel „Sous le ciel de Paris“ interpretierte Stadtkantor Oliver Scheffels Orgelwerke von Louis-Nicolaus Cldrambault, Alexandre Guilmant, César Franck, Louis Vierne und Charles-Marie Widor.
Am gleichen Tag lud Eva-Maria von Mariassy, die Leiterin der Staatlichen Kunstsammlungen im Sommerpalais, zur Eröffnung einer Ausstellung „F’60“ ein. Zu Gast war Ulrich Forchner, seines Zeichens Spezialist für Karikatur, Grafik und Illustration, ein langjähriger Vertrauter der Greizer Karikatur-Freunde. In Anbetracht seines bevorstehenden 60. Geburtstages stellt er sich im Sommerpalais mit Karikaturen, Grafiken und Illustrationen vor. Eva-Maria von Mariassy begrüßte ihn und die Ausstellungsgäste und übergab Hans-Peter Jakobsen, Gera, das Wort für die Laudatio. Die Vernissage wurde umrahmt vom Duo Sombrasil und ist bis zum 31. Januar 2010 zu sehen.
Eine weitere Ausstellung wurde am Donnerstag, dem 15. Oktober im Foyer des Theaters eröffnet. Sie ist eine Schau großer Kontraste. Während der Reichenbacher Maler und Schriftsteller Gero Fehlhauer mit seinen Bildern sich über die heutige „Handygesellschaft“ mokiert, versöhnt seine Kollegin Sylvia Biedermann die Betrachter mit Naturdarstellungen. Die Besucher des Theaters der Stadt Greiz können die Ausstellung bis zum 06. Dezember 2009 sehen.
Foto: Silke Groß
Das Programm begann mit Händels Concerto Grosso Nr. 7, dem „Alexanderfest“. Es war ein majestätischer Auftakt zum nächsten Werk, dem Violinkonzert in e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy. Alle Bedenken, dass der 16-jährige Geiger Karol Danis der Interpretation dieses virtuosen und in Aufnahmen berühmter Geigenvirtuosen bekannten Konzertes nicht gewachsen sein könnte, verflogen beim ersten Ton seines Spiels. Über technische Probleme erhaben, spielte er das Konzert nicht nur kultiviert, sondern auch mit hinreißender Musikalität und großer Noblesse. Virtuose Teile erhielten unter seinen Händen die gleiche intensive musikalische Auslegung wie die führende Thematik.
Zum Abschluss erklang Mendelssohns „Schottische Sinfonie“ in einer differenzierten und feinsinnigen Interpretation durch die VPH unter Jiri Malat.
In einem zweiten Orchesterkonzert präsentierte sich das Greizer Collegium musicum e. V. unter Leitung von Eckhard Kiesling mit einem Vivaldi-Abend.
Es war ein facettenreiches Programm mit Werken von Antonio Vivaldi, das Eckhard Kiesling mit den Mitgliedern des Collegiums und den Solisten bot.
Zart, quasi aus der Ferne kommend, begann es mit einer großen Sekunde — auch Vivaldi traute sich das schon. Im Kontrast zu dieser ersten kleinen Streicher-Sinfonie stand das kraftvolle Concerto für zwei Violinen und Streicher und Basso continuo (B.c.) in A-Dur, das die Konzertmeisterin Gretel Töpfer und Henrik Haluza, Stavenhagenpreisträger 1985 von der Greizer Musikschule, in ausgewogenem Zusammenspiel und mit zupackender Virtuosität in den Soli fesselnd spielten. Reichlich mit Passagenwerk und Ornamenten ausgestattet war das folgende Konzert für Flautino, Streicher und B.c. in C-Dur. Sicher und im Tempo rasant wurde es von Clarissa Thiem, Absolventin des Musikgymnasiums Gera, geboten und mit federnder Leichtigkeit vom Collegium begleitet. Herzhaft und energisch ging Kiesling mit dem Collegium die größere Sinfonie in C-Dur mit ihrem tänzerischen Schlusssatz an und schuf damit einen gewichtigen Kontrast zum hellen Flautino-Konzert. Auffallend gut unterstützte das Continuo mit Claudia Firl, Violoncello; Christian Bamberg, Kontrabass, und Roland Leppin, Cembalo, das gesamte Programm.
In noch tieferen Klängen das folgende Concerto g-Moll für zwei Violoncello, Streicher und B.c., bei dem die Cellistinnen Laura und Anna Butters aus Saalfeld, Schülerinnen des Musikgymnasiums Gera, den figurierten Stil mit großer technischer Sicherheit und das „Largo“ mit flexibler Dynamik gestalteten.
Eine Besonderheit gab es zum Schluss: Markus Dietzsch, Altus, Musiklehrer an der Freien Regelschule Reudnitz, sang mit souveräner Beherrschung der Koloraturen und Höhen die Kantate „Nisi Dominus“ für Alt, Streicher und B.c. und gab den sieben Teilen und dem Amen textbezogen differenzierte Aussage.
Das Greizer Collegium musicum e.V. zeichnete unter der temperamentvollen und umsichtigen Leitung Eckhard Kieslings in diesem Konzert ein farbiges musikalisches Porträt der schöpferischen Vielseitigkeit des Komponisten Antonio Vivaldi und begeisterte damit die Zuhörer.
Zu einer Lesung im Sommerpalais kehrte am 25. Oktober der in Elsterberg geborene Lyriker Gerald Zschorsch nach mehr als 30 Jahren aus seinem jetzigen Wohnort Frankfurt am Main ins Vogtland zurück und las aus seinem Gedichtband „Zur elften Stunde“. Titel wie „Elster“ und „Trocadero“ erinnern an das 800-jährige Greiz und seine Besonderheiten. Für den Autor gab es ein bewegendes Wiedersehen mit alten Freunden.
Irmengart Müller-Uri
62. Stavenhagen-Wettbewerb
Foto: Müller-Uri
Warum auch immer er auf September vorverlegt wurde — es war keine gute Idee. Die Sommerferien waren in diesem Jahr zwar schon am 05. August zu Ende, dennoch sind acht Wochen eine relativ kurze Vorbereitungszeit für den Endspurt auf einen Wettbewerb. So bewarben sich in diesem Jahr nur 30 junge Musikanten um die Teilnahme am Stavenhagen-Wettbewerb, in den vorhergehenden Jahren waren es 40 — 50 Kandidaten.
Die Austragung begann am 26. September mit sechs Teilnehmern der Sparte „Hohe Streicher“. Alle waren gut vorbereitet. Zwei von ihnen erreichten mit ihrem Spiel die erforderliche Punktzahl für einen Stavenhagen-Preis: Eva Wetzel, Violine, Altersgruppe II aus Langenwolschendorf und Fabian Hentschel, Violine, Altersgruppe III von der Musikschule Gera aus der Klasse von Frieder Wiegand. Eva Wetzel war acht Jahre lang bis zum Sommer 2009 Schülerin von Doris Floß an der Musikschule „Bernhard Stavenhagen“ Greiz und nimmt seitdem Privatunterricht bei ihrer Schwester Anne Wetzel. Aus der Greizer Musikschule nahm der neunjährige Marius Frantz, Violine, Klasse Doris Floß, in der Altersgruppe I teil, er erspielte sich ein „Gut“. An die beiden Teilnehmer der Sparte „Tiefe Streicher“ und an die sechs Kandidaten im Fach „Gesang“ wurde kein Stavenhagen-Preis vergeben.
Am folgenden Sonntag lief der Wettbewerb mit dem Vorspiel von sechs Bewerbern im Fach „Klavier“ weiter. Hier erspielte sich Elisa Werner aus Weckersdorf, Altersgruppe I, einen Stavenhagen-Preis. Sie ist Privatschülerin von Cirsten Wetzel in Langenwolschendorf, einer ehemaligen Schülerin der Greizer Musikschule, die jetzt in der Greizer Musikschule unterrichtet.
An die sieben Teilnehmer in der Fachrichtung „Holzbläser“ wurde kein Stavenhagen-Preis vergeben, bei den Blechbläsern gab es keine Teilnehmer. Doch die zweite Teilnehmerin aus der Greizer Musikschule, Friederike Heckmann, Flöte, aus der Klasse von Meinolf Jennebach, erspielte sich an diesem Tag einen Förderpreis.
Foto: Müller-Uri
Der Stavenhagen-Wettbewerb ist nach wie vor ein besonderes kulturelles Merkmal der Stadt Greiz. Der Vorsitzende der Jury, Dozent Helmut Heß, Weimar, sprach sich erneut sehr anerkennend über das Niveau der Teilnehmer insgesamt und über die gute Organisation durch die Greizer Musikschule unter Leitung von Ingo Hufenbach aus.
Am Sonnabend, dem 13. Oktober 2009 wurden im Theater der Stadt Greiz durch den Greizer Bürgermeister Gerd Grüner und den Leiter der Musikschule „Bernhard Stavenhagen“ Greiz, Ingo Hufenbach, in einem festlichen Rahmen die Preise vergeben.
Als erste Stavenhagen-Preisträgerin stellte sich Elisa Werner mit drei Klavierstücken von Sofia Gabudailina, einer russischen Komponistin, vor. Sie interpretierte die rhythmisch und harmonisch anspruchsvollen Stücke mit Temperament sicher auswendig.
Nach der Preisvergabe folgte Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy, mit weichem, gutem Ton gespielt von der Förderpreisträgerin Lena Habenicht, Klarinette, aus Jena. Auch die Förderpreisträgerin Susanne Grüttner, Violine, aus Sondershausen war dabei, sie trug den ersten Satz eines Concertinos von Grazina Bacewicz vor. Mit schönem, dynamisch variablem Ton blies die Greizer Förderpreisträgerin Friederike Heckmann ein Scherzo für Flöte und Klavier von Joachim Bönisch.
Foto: Müller-Uri
Variable Tongebung und Eleganz im Spiel zeichneten auch den Vortrag des zweiten Stavenhagen-Preisträgers im Fach Violine, Fabian Hentschel aus Gera aus, der den 1. Satz des Violinkonzerts in G-Dur von Joseph Haydn interpretierte. Die jüngste Teilnehmerin, die neunjährige Sonderpreisträgerin Julia Hellmund, begeisterte das Publikum mit einem akkurat gespielten Satz aus einem Divertimento von Joseph Haydn.
Den zweiten Teil des Konzerts bestritt auch in diesem Jahr wieder ein Stavenhagen-Preisträger vergangener Jahre, der Geiger Vladimir Stanusev, Preisträger im Fach Violine 1985, Konzertmeister der Hofer Symphoniker. Er kam 1978 mit seinen Eltern von Bulgarien nach Greiz und hatte von da an bis 1986 Unterricht im Fach Violine bei Doris Floß an der Musikschule „Bernhard Stavenhagen“ Greiz. Anschließend studierte er Violine an der Franz-Liszt-Hochschule Weimar, an der Musikhochschule Sofia und am Mozarteum Salzburg bei Ruggiero Ricci. Er ist mehrfacher Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe.
Vladimir Stanusev interpretierte mit der Vogtland Philharmonie Greiz/ Reichenbach unter Lothar Seyfarth in federnder Leichtigkeit stilvoll und ausdrucksstark Wolfgang Amadeus Mozarts Violinkonzert A-Dur KV 219.
Irmengart Müller-Uri
Zeugnisse alten Handwerks – Hermann Müller berichtet über Mühlen an der Wisenta
Foto: Joachim Thiele
Dem Referenten gelang es in seinem Vortrag, durch Einbeziehung vielfältiger Quellen, darunter auch durch die Auswertung zahlreicher Gespräche mit Ortsansässigen, ein anschauliches Bild des einstmals blühenden Handwerks und seiner heutigen Hinterlassenschaften zu zeichnen. Dies ist umso wertvoller, als es naturgemäß immer weniger Zeitzeugen für die früheren Verhältnisse gibt. Natürlich wurde auch auf alte Müllergeschlechter wie die Wolframs oder Wolfrums und die Schallers eingegangen, die nicht nur im reußischen Oberland, sondern auch in den benachbarten Gebieten, zum Beispiel im Greizer Raum, ihre Spuren hinterließen. Das besondere Interesse Hermann Müllers aber gilt den positiven und negativen Eingriffen in die Natur, der Kultur- und Technikgeschichte. So fand auch derjenige, der keine engeren Beziehungen zum besprochenen Gebiet aufweist, vielfältige Parallelen zu Entwicklungen in „seiner“ Region.
Hermann Müller begann die „imaginäre Wanderung“, wie er seinen Vortrag selbst benannte, am Zedelbrunnen bei Willersdorf, wo vor etwa 200 Jahren 22 Müller ein Dokument unterzeichneten, in dem unter Führung des Möschlitzer Müllers J. Schmidt die Beräumung der drei dort befindlichen Quellen beschlossen wurde. Dies sollte dem Ziel dienen, die Wasserräder wieder in Gang zu bringen. Anschließend erfuhren die Versammelten Aufschlussreiches über (jüngere) Geschichte und — falls die Gebäude noch vorhanden sind oder gar noch mühlentechnisch genutzt werden — Gegenwart folgender Mühlen: Ottenmühle, Bucklischmühle (in den 1960er Jahren abgerissen), Ober- und Mittelmühle in Oberkoskau, Schlagmühle (Unterkoskau), Obermühle, Herrenmühle und Lippoldsmühle (in und bei Mühltroff), Bessermühle (bei Langenbuch, 1911 abgebrannt), Dorfmühle (Langenbuch), Hammermühle (sie wich Anfang der 1980er Jahre der Talsperre) und die sogenannte „Missgunst“. Deren altes Hammerhaus wurde im Juni / Juli 2009 abgebaut, um das Freiluftmuseum Hohenfelden um eine weitere Attraktion zu bereichern. Es folgten im Vortrag die Löß- oder Lössaumühle (1979 abgerissen; auch ihr einstiger Standort versank in einer Talsperre), die untere Löß- oder Neumühle, die Schmidtenmühle (sie beherbergte später die Fabrik Sörgel), die Burkhardsmühle (heute noch als Sägewerk bestehend), die Holzmühle, eine weitere Herrenmühle (Schleiz; heute ist hier ein Baugewerbebetrieb ansässig), die Glücksmühle, die Thomasmühle (Oschütz, 1961 abgerissen), die Beyersmühle, die Möschlitzer Dorfmühle (seit etwa 1600 bis heute im Besitz der Familie Schmidt), die Stöckigstmühle (heute ein florierendes Sägewerk), die Wolframsmühle (einst in Crispendorf) und schließlich die Bretmühle in Walsburg an der Mündung der Saale, deren Gebäude, obwohl längst nicht mehr mühlentechnisch genutzt, bis heute liebevoll erhalten werden.
Der Vortrag dürfte manchem der Anwesenden Anregung gewesen sein, sich selbst einmal auf Wanderfahrt zu begeben, um die Spuren heimatlicher Geschichte zu erkunden. Es lohnt sich auf jeden Fall.
Dr. Frank Reinhold
575 Jahre Untergeißendorf – eine neue Festschrift
Die thematische Vielfalt der Chronik reicht von einem allgemeinen geschichtlichen Abriss der dörflichen Entwicklung, dem Ortswappen, der Gemeindeordnung von 1842, den Bürgermeistern bis zur Gegenwart, einer sogenannten Häuserchronik, Handwerk und Gewerbe, bis hin zu den Vereinen und Verbänden des Ortes. Weitere Kapitel widmen sich der Feuerwehr und den Bränden, die sie bekämpfen mussten, sowie Aussagen zur kirchlichen und schulischen Zugehörigkeit des Ortes. Abschließend werden die in Untergeißendorf vorkommenden Flurnamen erläutert und wichtige Familien und Personen vorgestellt, die ihre Wurzeln im Ort hatten. Kleine Episoden runden die reich illustrierte Chronik ab.
Die Untergeißendorfer Festschrift kann jedem heimatgeschichtlich Interessierten zur Lektüre empfohlen werden.
Sven Klein
2 Hufen für das Kloster Mildenfurth – Festschrift zur 800-Jahrfeier von Zwirtzschen
Dr. Frank Reinhold
Die Geschichte der Kirche und des Rittergutes Pölzig
G. Hummel „825 Jahre Pölzig, 11842009, Kirche und Rittergut“, Altenburg & Langenweißbach 2009, ISBN 987-3941171-17-6
In vortrefflicher Weise wird die Geschichte der Pölziger Kirche und des Rittergutes in dem kürzlich erschienenen neusten Heft der Reihe „Der kleine sakrale Kunstführer“ dargestellt. So werden anfangs die alten Ansichten Pölzigs aus der Mitte des 19. Jahrhunderts eingehend erläutert. Im Anschluss daran wird die Historie des Pölziger Rittergutes aufgezeigt, um diese mit den baugeschichtlichen Befunden, die die Frühzeit der Pölziger Kirche erahnbar werden lassen, zu verbinden. Wer weiß heute noch, dass sich hier einstmals eine Wasserburg befunden hat? Detailliert werden das Dachwerk, der Altar von 1693, ebenso die herrliche Bilderdecke, die ein biblisches Szenenprogramm zeigt, welche mit dem Altar und seinen gemalten Elementen korrespondiert, beschrieben. Auch das viele Jahrzehnte vergessene, weil hinter dem Altar verborgene Epitaph für Dietrich von Creutzen und seine Frau Barbara, geschaffen Ende des 16. Jahrhunderts, wird vorgestellt. Historisch bedeutsam waren die Jahre 1691 – 1752, als sich Pölzig im Besitz der Grafenfamilie Henckel von Donnersmarck befand. Nicht nur, dass die uns heute faszinierende Ausstattung der Pölziger Kirche auf diese zurückgeht, auch kirchengeschichtlich stand Pölzig damals in Korrespondenz mit den heute noch bekannten Reformkräften wie z. B. August Herman Francke, dem Wegbereiter des Pietismus und Begründer der Francken’schen Stiftung zu Halle oder dem Reichsgrafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, dem Gründer der weltweit ausstrahlenden Brüdergemeinde in Herrnhut. Dieser Aspekt wird ausführlich gewürdigt und dem heutigen Leser in seiner Bedeutung verständlich gemacht. Die Beschreibung weiterer ikonographisch bedeutsamer Ausstattungsstücke wie z. B. Kanzel, Taufstein und Glocken runden, ergänzt um die Emporen und die Orgel, das Gesamtbild dieser faszinierenden Kirche ab. Beschlossen wird das überaus interessante Heft durch die Würdigung der Belange des Naturschutzes im Kirchgebäude, d. h. dem Bemühen um die Bewahrung der Schöpfung, konkret dargestellt an der Schleiereule, einem Bewohner des Pölziger Kirchturms.
Das Heft ist für 10 Euro im Pfarramt Pölzig (07554 Pölzig, Weg der Jugend 8, Tel. 03 66 95/2 06 52, E-Mail: sventhriemer@web.de) oder im Buchhandel erhältlich.
Sebastian Schopplich
Aktion „Lebensraum Kirchturm“ nun auch in Großenstein, Mückern und dem Kloster Mildenfurth
Foto: Gisela Stang
Nur eine Stunde später wurde diese Auszeichung auch dem ehemaligen Prämonstratenser-Kloster Mildenfurth (Gemeinde Wünschendorf bei Weida) verliehen, wozu das diesjährige Klostergartenfest einen frohgemuten Rahmen bot. Seitens des „Arbeitskreises Kunst und Kultur Kloster Mildenfurth“ nahmen Herr Joachim Bauer und der Bildhauer Volkmar Kühn als ehrenamtliche Hausherren die Ehrung entgegen. Damit wurden im Landkreis Greiz nach den Kirchen in Brahmenau, Tschirma (bei Berga), Langenwolschendorf, Hundhaupten und Triebes bereits zum wiederholten Male Kirchen bzw. nun auch das Klostergebäude zu Mildenfurth mit dieser Auzeichnung geehrt. Thüringenweit liegt damit der Landkreis Greiz nach dem Kreis Sömmerda „an zweiter Stelle“ in puncto Würdigung des Engagements der Kirchgmeinden zugunsten bedrohter Vogel- und Fledermausarten. Die vom Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) und dem Beratungsausschuss für das Deutsche Glockenwesen e.V. vor mehreren Jahren gestartete gemeinsame Aktion „Lebensraum Kirchturm“ hat inzwischen deutschlandweit fast 350 Kirchen erreicht. Was ist das Anliegen dieser Aktion? Gefördert und gewürdigt wird das Engagement der Kirchgemeinden im Bereich des charakteristischen und mustergültigen Artenschutzes: Turmfalken, Schleiereulen und Fledermäuse — beispielhaft für gebäudebewohnende Tierarten ausgewählt — leiden in Städten und Dörfern zunehmend an Wohnungsnot. Kirchtürme bieten für sie optimale Nist- bzw. Quartiermöglichkeiten, die leider häufig bei tonte NABU-Präsident Olaf Tschimpke anlässlich der Eröffnung dieses Projektschwerpunktes: „Wir freuen uns, dass viele Kirchgemeinden unseren Appell gehört haben und ihre Kirchen für diese Tiere geöffnet haben oder noch öffnen wollen.“ Und der Vorsitzende des Beratungsausschusses für das Deutsche Glockenwesen, Kurt Kramer, bekräftigte dieses Anliegen: „Die Kirchen können hier einen praktischen Beitrag zum Artenschutz leisten. Wir freuen uns, dass der Kirchturm als Überlebensraum für seltene Vogel- und Fledermausarten wieder mehr ins Bewusstsein gerückt ist. Ein harmonisches Beipiel von Kultur und Natur im Einklang.“ Mit dieser Aktion wollen der NABU und der Beratungsausschuss die Kirchengemeinden in Deutschland und ihre Mitglieder, die fast 55.000 Kirchtürme betreuen, erreichen. Ziel ist es, über naturschutzfachlich korrekte Sanierungsmöglichkeiten zu informieren und deren Vereinbarkeit mit Anforderungen des Denkmalschutzes aufzuzeigen. Zudem soll der Austausch mit den örtlichen NABUGruppen gefördert werden. Dies auch, um die Grundidee dieser Aktion lokal zu optimieren bzw. zu erweitern und andere, ebenso gefährdete Arten wie z. B. die Dohle oder den Mauersegler einzubeziehen.
Foto: Gisela Stang
Die Aktion soll auch in den kommenden Jahren zum Schutz von Turmfalken, Schleiereulen, Fledermäusen u. ä. gebäudebewohnenden Arten fortgesetzt werden.
Mehr Informationen hierzu sind unter www.thüringen.nabu.de, Tel.: (0 36 41)60 57 04 oder lgsgnabu-thueringen.de zu finden bzw. zu erfragen.
Sebastian Schopplich
Das Wetter im Oktober 2009
Noch vor einem Jahr sang ich ein Loblied über den goldenen Herbst im Oktober. Das änderte sich in diesem Jahr vollends. Wenn auch an den ersten Tagen bis zum 8. des Monats sowohl Nacht- als auch Tagestemperaturen alle Zeichen setzten für einen farbigen Herbstmonat. Die Temperaturen lagen nachts und tags im zweistelligen Bereich, so dass alle Voraussetzungen gegeben waren. Leider hat die Sonne sich sehr zurückgezogen. Fast jeden Tag regnete es in dieser Zeit. Der Himmel war wolkenverhangen. Dies war aber erst der Anfang. Nach dem 9. des Monats sanken die Temperaturen erheblich. Die Niederschläge nahmen zu. Es folgten über zehn Tage, an denen es jeden Tag regnete. Insgesamt fielen in dieser Zeit 64 l/m². Ununterbrochen bewölkter Himmel, trübe und neblige Tage, Graupelschauer an zwei Tagen und ein Gewitter am 13. bestimmten die Wetterlage in dieser Zeit, die endlich am 20. beendet war.
Oft hörte man sagen, das Wetter könnte wieder einmal anders werden. Es kam anders. Zumindest sahen wir bis Monatsende einige Male die Sonne. Auch Nachtfrost stellte sich ein. An fünf Tagen bewegten sich nachts die Temperaturen im Minusbereich. Damit konnte endlich die Herbstfärbung zur Geltung kommen. Wir dürfen nun hoffen, dass diese Wetterlage weit in den November hinein reicht.
Heinrich Popp
Temperaturen und Niederschläge
erfasst in | Clodra | Gommla | |
Temperaturen | Mittleres Tagesminimum | 5,6 °C | 4,6 °C |
Niedrigste Tagestemperatur | -3 °C (31.) | -2 °C (20./21.) | |
Mittleres Tagesmaximum | 11,4 °C | 10,1 °C | |
Höchste Tagestemperatur | 21 °C (1./7./8.) | 21 °C (7.) | |
Niederschläge | Anzahl der Tage | 19 | 19 |
Gesamtmenge pro m² | 73 l | 100 l | |
Höchste Niederschlagsmenge | 13,5 I/m² | 17 I/m² |
Vergleich der Niederschlagsmengen im Oktober (in I/m²)
erfasst in | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 |
Clodra | 45,50 | 40,50 | 9,50 | 64,00 | 35,50 | 110,00 |
Gommla | 67,00 | 49,00 | 18,00 | 72,50 | 34,00 | 102,00 |

Wesentliches Kriterium war dabei die farbliche Gestaltung der Fassade und der Innenräume.
Foto: Müller-Uri

Foto: Silke Groß
Bilder Greizer Heimatbote Dezember 2009
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