Flüchtlingskrise und geplante Gebietsreform standen im Fokus der Festrede
GREIZ. Über 500 Vertreter des öffentlichen Lebens, der Behörden und Institutionen, der Wirtschaft, Kirchen, Bildung und Presse, sowie ehrenamtlich Tätige folgten am Freitagabend der Einladung von Martina Schweinsburg (CDU), Landrätin des Landkreises Greiz, zum Jahresempfang in den großen Saal der Vogtlandhalle Greiz.
Im Fokus der Festrede standen in diesem Jahr zwei große Themen: die Flüchtlingskrise und die von der Rot-Rot-Grünen Landesregierung geplante Gebietsreform.
Nicht erst mit Ansteigen der Flüchtlingszahlen habe der Putz am gemeinsamen europäischen Haus zu bröckeln begonnen, richtete Landrätin Martina Schweinsburg ihre Kritik gegen die Mitgliedsstaaten der EU, die in „vermeintlich guten Zeiten geschlossene Verträge“ einfach ignorieren und die Lösung der Flüchtlingsfrage primär auf Deutschland abwälzen: „Europäische Herausforderungen bedürfen auch europäischer Lösungen“, zeigt sich die Landrätin überzeugt.
Den Landkreis Greiz betreffend betonte Martina Schweinsburg, dass der Anteil der Asylbewerber gerade einmal bei einem Prozent liege und vor allem, dass diese in menschenwürdigen Unterkünften und nicht Turnhallen oder Zeltstädten leben würden. „Sprache – Ausbildung – Integration“ laute der Leitsatz; das heißt, nicht verlorene Zeit, sondern eine klare Perspektive für die Asylbewerber seien gefragt. „Hilfe zur Selbsthilfe“ bedeute das für sie persönlich und meint damit nicht „die Rundumversorgung in der Sozialhängematte“. Dabei gelte es, sich an das hier geltende Recht zu halten und die Gastfreundschaft nicht zu strapazieren. Landrätin Schweinsburg dankte all jenen, die sich dafür einsetzen, den Flüchtlingen den Aufenthalt im Landkreis lebenswert zu machen und mit Perspektive zu gestalten.
Dass das zurückliegende Jahr nicht nur aus der Flüchtlingskrise bestand, unterstrich Martina Schweinsburg. Die Vogtländer seien verlässliche Leute – das gleiche wünsche sie sich von der Landesregierung und benannte auch gleich das Beispiel Schulnetzplanung: „Dort, wo wir nur behutsam eingreifen wollten, soll nun die Brechstange angesetzt werden“, empörte sich die Landrätin. Was nütze all die Planung, wenn die Thüringer Landesregierung Mindestschülerzahlen ansetze, die eher zur Struktur des Rhein-Main-Gebietes passen würden, als zum ländlichen Thüringer Raum? Nach sechzehn Monaten Regierungszeit müsse nun endlich so etwas wie „Handlungsfähigkeit“ zu erkennen sein. Scheinbar habe man aus „lauter Eifer um die Gebietszuschnitte“ den Blick für die wirklich wichtigen Aufgaben des Freistaates aus den Augen verloren.
Die Kommunen seien chronisch unterfinanziert – das Land spare auf Kosten anderer. Auch der Landkreis Greiz habe in seine „Sparschatulle“ greifen müssen – die allerdings im Jahr 2019 aufgebraucht sei – um ein Mindestmaß an dringenden Investitionen tätigen zu können.
Ein weiteres „Optimierungsfeld“ sei die Kultur in Thüringen. Sicher koste sie Geld, aber „Wieviel Fusionen bräuchte es denn, um Kultur effizient aufzustellen?“ fragte die Landrätin in die Runde. Einspielquoten von 22 Prozent, wie sie die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach erbringe, seien doch beispielgebend genug. Visionen und kulturelle Vielfalt dürften nicht dem Rotstift zum Opfer fallen: „Ich biete den gemeinsamen Kampf ausdrücklich an“, so Frau Schweinsburg in Richtung der anwesenden Amtskollegen.
Besonders große Sorgen bereite ihr die geplante Veränderung der Gebietsstruktur in den Thüringer Kommunen und Landkreisen, so die Landrätin. Die bereits durchgeführten Gebietsreformen, bspw. in Sachsen, würden noch immer dreistellige Millionenbeträge mehr kosten, als sie einsparen. Da stelle sich die Frage, wie der Wille der Bürger vor Ort und ihrer legitimierten Gemeinde-, Stadt-und Kreisräte negiert werde. „Pragmatisches politisches Handeln vor Ort ist es doch, was uns auf kommunaler Ebene charakterisiert“, betonte Martina Schweinsburg. „Der kurze Weg in die Gemeindeverwaltung und nicht der Weg auf’s Amt als Tagestour sind das Ziel.“ Die Kommunikation in Thüringen sei mittlerweile „dogmatisch von oben herab, alternativlos und von den eigenen Versäumnisse ablenkend“. Und: Wo man am lautesten nach Basisdemokratie rufe, dürfe man sich nicht wundern, wenn genau diese sich formiere.
Der Jahresempfang wurde musikalisch von der Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach unter Leitung von GMD Stefan Fraas umrahmt, die unter anderen mit den Ungarischen Tänzen von Johannes Brahms und Dmitri Schostakowitschs „Walzer“ aus der „Jazz Suite Nr. 2“ begeisterten.
Beim geselligen Teil des Abends – der ausschließlich durch Sponsoren ermöglicht wurde – kamen die Gäste gut ins Gespräch.
Antje-Gesine Marsch @02.04.2016
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