„Überstunden-Marathon“ für 1.200 Beschäftigte des Gastgewerbes im Kreis Greiz
GREIZ. Feiertage für die einen, Überstunden für die anderen: Ein Großteil der rund 1.200 Gastro-Beschäftigten im Kreis Greiz hat Extra-Schichten an Weihnachten hinter sich – und eine lange Silvesternacht im Dienst vor sich. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) spricht von einem regelrechten „Iron Man“ für Köche und Kellner. „Die Situation am Jahresende ist aber nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Jens Löbel von der Thüringer NGG. Die landesweit 37.000 Beschäftigten des Gastgewerbes hätten das ganze Jahr hindurch mit hoher Arbeitsbelastung zu kämpfen. Der Grund: Der Branche fehlen im Freistaat zusätzliche Fachkräfte – und Löhne, die zum Leben reichen.
„An Weihnachten und Silvester läuft das Geschäft für Hoteliers und Gastronomen besonders gut. Trotzdem zahlen sie ihren Mitarbeitern im Kreis Greiz derzeit kaum mehr als den Mindestlohn“, kritisiert Löbel. „Da braucht sich keiner zu wundern, dass sich Schulabgänger bei der Lehre wo anders umsehen.“ Hinzu kämen die harten Arbeitsbedingungen in Küche und Service – sowie häufiges Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen. Zu wenig Stammpersonal führe schon heute dazu, dass sich Restaurants ihre Mitarbeiter teils sogar ausleihen müssten, berichtet Löbel. „Mietköche“ seien in der heimischen Gastronomie längst keine Seltenheit mehr.
Einen Weg aus der „Fachkräfte-Krise“ kann es nach Einschätzung der NGG nur mit höheren Löhnen und attraktiveren Arbeitsbedingungen geben. Die Gewerkschaft hat darum den aktuellen Tarifvertrag für das Thüringer Gastgewerbe gekündigt und verhandelt ab Januar mit den Arbeitgebern. Ziel seien „armutsfeste Tariflöhne“ für die Beschäftigten, so Löbel. „Ein Rezeptionist oder eine Oberkellnerin muss von der Arbeit leben können, ohne beim Amt aufstocken zu müssen“, sagt der Gewerkschafter. Als „existenzsichernd“ gelten Löhne ab einer Größenordnung von mindestens zwölf Euro pro Stunde.
Derzeit kommt ein Koch nach der Ausbildung in Thüringen auf einen Stundenlohn von lediglich 10,08 Euro. Zum Vergleich: In Bayern und Hessen sind es fast drei Euro mehr. Bei einer Betriebsumfrage hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) die schwierige Personalgewinnung kürzlich selbst als Hauptproblem der Branche ausgemacht. „Aber wer jammert, muss auch handeln und bei der Bezahlung was drauflegen“, fordert Löbel mit Blick auf die anstehende Tarifrunde. Die Verhandlungen beginnen am 24. Januar in Erfurt.
Pressemitteilung Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) @27.12.2018