Zwischen Aufbruch und RandaleGeralf im Oktober 1989 bei einer Demonstration gegen die Mauer in West-Berlin

Erinnerungen an den Mauerfall und die turbulente Nachwendezeit

Bereits zum Zweiten mal gastierte der Autor und Zeitzeuge Geralf Pochop am Samstag, den13.11.21, beim Greizer Siebenhitze e.V. Nachdem er im letzten Jahr bereits über seine Erfahrungen in der Subkultur- und Oppositionsszene der DDR berichtet hatte, konnte Pochop diesmal sein neues Buch vorstellen, in dem er seine Erlebnisse aus der Zeit nach der Wende aufgeschrieben hat. Gespickt mit zahlreichen Anekdoten, Hintergrundinformationen, Bildern und Filmen und von einem Live-Musiker begleitet, schaffte es der Autor, den Anwesenden die gesellschaftlichen Dynamiken anhand seiner eigenen Erfahrungen begreiflich zu machen.
Immer wieder wurde der Bogen von witzigen und aberwitzigen Geschichten zu ernsten Themen gespannt. Auf Geschichten über wilde Konzerte, Partys und Hausbesetzungen, folgten eindringliche und beklemmende Berichte über die tödliche Dimension rechter und neonazistischer Gewalt, gegenüber Menschen, die nicht ins rechte Weltbild passen. Erstere Erzählungen verdeutlichten dabei die Aufbruchstimmung dieser Zeit, in der die versprochene neue Freiheit immer wieder ausgetestet und
eingefordert wurde. Die persönlichen Berichte über getötete Freunde und Angriffe auf die eigene Person verdeutlichten demgegenüber gesellschaftliche Entwicklungen, die nicht erst mit der Wiedervereinigung auftraten – Pochop selbst wurde bereits Ende der 1980er Jahre in der DDR von Neonazis schwer verletzt – und keinesfalls in den 1990er Jahren aufhörten, sondern bis heute fortbestehen. Auch darauf möchte Geralf Pochop mit seinen Büchern und Vorträgen aufmerksam machen.
An dieser Schnittstelle von Selbstentfaltung, Freizeitgestaltung und kultureller Betätigung einerseits und politischem Engagement gegen zunehmende rechte Tendenzen andererseits, findet sich auch der gastgebende Verein Siebenhitze e.V. wieder. „Wir wollen gerade auch jungen Menschen Angebote machen und Möglichkeiten und Räume zur persönlichen Entfaltung in einem solidarischen Umfeld bieten. Dabei gehört es für uns aber genauso dazu, uns auch öffentlich Wahrnehmbar für eine solidarische und offene Gesellschaft der Vielen einzusetzen“, sagt Vereinsmitglied David Graeber.

Die Veranstaltung wurde gefördert im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“