Toni Stade, RSV Rotation Greiz gegen Chris Wemme, AC 1897 Werdau

Nach dramatischem Kampf vorzeitig Staffelsieger
RSV Rotation Greiz gegen AC 1897 Werdau 20:13

Toni Stade, RSV Rotation Greiz gegen Chris Wemme, AC 1897 Werdau
74Akg Gr.-röm. Toni Stade (rot), RSV Rotation Greiz gegen Chris Wemme, AC 1897 Werdau.
Foto:Günter Stuchlik
GREIZ. Der Tenor in den Presseveröffentlichungen der letzten Wochen zwischen dem Erzgebirge und Mecklenburg lautete meistens: In der 2.Bundesliga Nord kann jeder jeden schlagen. Nur gegen Greiz gewinnt keiner. Wer nun daraus schließen wollte, der weitere Saisonverlauf des RSV Rotation Greiz würde ein Selbstläufer, sah sich getäuscht. Der in der Rückrunde noch unbezwungene AC 1897 Werdau war, wie angekündigt, der wohl stärkste Widersacher in diesem Jahr. Erstmals in dieser Saison lagen die Greizer Ringer zur Halbzeit weit zurück (5:9). So entwickelte sich ein spannender dramatischer Kampf, bei dem die Zuschauer voll auf ihre Kosten kamen. Allen Unkenrufen zum Trotz war die Jahnturnhalle trotz des zeitgleich laufenden Fußballspiels Dortmund gegen München wieder hervorragend besucht. Entsprechend der Leistungen ihres Teams in den letzten Wochen reisten auch zahlreiche Fans aus Westsachsen an. Trotz beträchtlichen Blechschadens bei einem Auffahrunfall 200 Meter von der Jahnturnhalle entfernt, war die erste Sorge eines Werdauer Anhängers, nun die ersten Kämpfe zu verpassen. Beide Trainer hatten ihre Mannschaft gegenüber den letzten Kämpfen umgestellt, so dass sich unerwartete Konstellationen ergaben. Eine erwartete Paarung gab es zum Auftakt als Vladimir Codreanu (55 kg/greco) auf Kirk Reimer traf. Der Moldawier wirkte robuster, beherrschte den Dritten der deutschen Meisterschaften im Standkampf, kam aber kaum zu Punkten. Nach fünf Minuten führte er 4:1, doch ein blitzschnell gezogener Kopf-Hüft-Schwung des Ex-Lugauers brachte die Überraschung. Der Greizer lag 20 Sekunden vor Schluss auf beiden Schultern und hatte seinen ersten Kampf verloren.(Zwischenstand: 0:4) Die Werdauer Fans feierten und hofften nun auf ihren Juniorenmeister Ilja Litvinov, der Sebastian Wendel (120 kg/Freistilals Gegner hatte. Bundestrainer Thiele hatte den Neu-Werdauer den Start in der Vorrunde im 96 kg-Limit verboten, was, wie an seinem muskulösem Oberkörper zu erkennen war, nicht ohne Erfolg geblieben ist. Doch der Greizer ließ sich wegen der 10 kg Gewichtsdifferenz nicht ins Bockshorn jagen. Mit einer zugegeben etwas unorthodoxen Technik brachte er Litvinov in die Brückenlage, hatte sogar die Chance zum Schultersieg. Der etwas nervös wirkende Schiedsrichter Marco Scalisi aus Berlin übersah hier zwar eine Wertung für den Greizer, doch dieser punktete hauptsächlich durch Konter auf Beinangriffe munter weiter und sicherte sich einen ungefährdeten 6:0 Sieg (3:4). Dramatik pur im Kampf zwischen Merlin Sewina (60 kg/Freistil) und dem Dritten der diesjährigen Jugendmeisterschaften Deward Stier. Warum der Kampfrichter so lange brauchte um die Führung des Greizers anzuzeigen, bleibt sein Geheimnis. Doch der Werdauer kam durch Beinangriff zur 2:1 Halbzeitführung. Was Trainer Tino Hempel in der Pause zu seinem Schützling sagte, ist nicht bekannt, aber der Greizer kam völlig verändert aus der Ecke, drehte innerhalb von 18 Sekunden den Kampf auf 5:2. und es ging so weiter. Durch Beinangriffe und Rollen stand es bald 12:2. Als die Fans skandierten: Einer geht noch, lief der Greizer in einem Achselwurf und kam von der Rolle. Der Kampf bot alles, am Ende siegte der Greizer mit 12:9 und beide Sportler lagen völlig verausgabt am Boden. (5:5) Mit Boris Eisenstein (96 kg/greco) und dem mehrfachen tschechischen Meister Vojtech Kukla trafen zwei etwa gleichstarke Athleten aufeinander, die verbissen mit großer Härte kämpften, sich in ihren Aktionen aber jeweils neutralisierten. Auch im Bodenkampf kam nichts zählbares zu Stande. Zwanzig Sekunden vor Schluss disqualifizierte der Kampfrichter beide. (5:5) Einen schweren Stand hatte Brian Tewes (66 kg/greco) gegen Michal Novak, der seit 2002 bei den tschechischen Meisterschaften nicht zu schlagen war. Trotz starker Gegenwehr kam er vor allem in den beiden letzten Kampfminuten immer mehr in die Defensive und wurde 35 Sekunden vor Schluss beim Stande von 0:5 disqualifiziert. (5:9) Patryk Dublinowski (84 kg/Freistil) erkämpfte gegen den eine Klasse aufgerückten Kirk Haupt ohne Probleme in zwei Minuten einen 11:0 Überlegenheitssieg. (9:9) Mit einer phänomenalen Abwehrleistung brachte Radoslaw Kisiel (66 kg/Freistil) den RSV erstmals in Front. Der ungarische Spitzenringer Jozsef Molnar machte zwar den Kampf, griff ständig an, der Greizer entwand sich aber immer wieder geschickt auch aus den schier aussichtslosesten Situationen und siegte mit 4:1. (11:10) Tom Linke (84 kg/greco) war dem aufgerückten tschechischen Meister der letzten beiden Jahre Pavel Powada klar überlegen. Dem auf Grund seiner bereits gefällten Urteile nun unter Zugzwang stehenden Kampfrichter blieb nichts anderes übrig als den Werdauer beim Stande von 0:7 nach fünf Minuten zu disqualifizieren. Der deutsche Vizemeister Toni Stade (74 kg/greco) war eigentlich auf Revanche gegen Powada eingestellt, musste sich aber mit dem gleichaltrigen Chris Wemme auseinandersetzen, dem er technisch und physisch klar überlegen war. Der Greizer sammelte Punkt auf Punkt, dass dem Kampfrichter keine Zeit blieb Verwarnungen an den Werdauer zu vergeben. Beim Stande von 7:0 erwischte der Greizer Wemme an der Hüfte und beendete den Kampf mit einem lehrbuchmäßigen Wurf, der eine 5-er Wertung brachte, in nur 98 Sekunden. (19:10) Im letzten Kampf traf Konstantin Sommer (74 kg/Freistil), der den Vorkampf gewonnen hatte, auf William Stier. Der Greizer lag zur Pause 1:1 in Führung (das klingt zwar widersinnig, ist aber beim Ringen aber möglich), geriet aber 1:3 in Rückstand. Im Bestreben auszugleichen versuchte Sommer den am Kopf geschnürten Gegner mit einer Drehung um die eigene Längsachse an der Hüfte zu erwischen. Das gelang zwar nicht, aber die Zweierwertung für Stier war eine Fehlentscheidung, die den Kampf mit einer wohl auch nicht gerechtfertigten Eins am Mattenrand für den Gästeringer entschied. Trainer Tino Hempel und Mannschaftsleiter Mario Neudeck sahen wegen ihrer Proteste die Gelbe Karte. Das 2:7 brachte einen zur Halbzeit kaum zu erwartenden 20:13 Erfolg. Damit steht der RSV Rotation Greiz, der in allen elf Kämpfen ohne Niederlage blieb, bereits drei Runden vor Schluss als Staffelsieger in der Saison 2013 fest. Die Fans waren außer Rand und Band und riefen ihre Mannschaft immer wieder auf die Matte: Wir wollen die Meister seh`n!
Stimmen zum Kampf:
Tino Hempel, RSV-Trainer:
Das ist typisch für unsere Mannschaft, wenn einer mal einen Fehler macht, springt sofort ein anderer in die Bresche. Vladimir hat heute mal Pech gehabt und Sebastian reißt im nächsten Kampf schon wieder alles raus. Ein wichtiger Grund für unseren Erfolg ist unsere Ausgeglichenheit
Bernd Schröder, früher Turner in Greiz, jetzt Funktionär in Werdau: Ich gratuliere Greiz zum Sieg in einem Superkampf. Hoffentlich erlebe ich meinen Traum noch, dass eine Werdauer Mannschaft gegen Greiz gewinnt. Andre Troche, Ringer in Greiz (deutscher Jugendmeister 1991) und Werdau: Das war ein großartiger Kampf. Werdau hatte etwas Glück zum Auftakt. Aber da einige aufrücken mussten, zahlte sich am Ende die Ausgeglichenheit von Greiz aus.
Erhard Schmelzer @24.11.2013

Von Erhard Schmelzer

Der Mohlsdorfer Erhard Schmelzer ist nicht nur ein engagierter Trainer im Jugendbereich des RSV Rotation Greiz - er zeichnet sich auch durch interessante Berichterstattungen im sportlichen Bereich aus. Ebenso ist er als Vorsitzender des Vereins Reußische Fürstenstraße tätig. Mehr zu Erhard Schmelzer