Die Kreutzbach-Orgel im Greizer Bonhoefferhaus musste zwei Mal umziehen. Seit zehn Jahren hat sie nun ihr festes Domizil.
GREIZ. Es ist wohl eher selten, dass ein so großes Instrument wie eine Orgel mehrmals im Leben ihr Domizil wechselt. Anders in Greiz: Die kleine Kreutzbach-Orgel, die seit zehn Jahren im großen Saal des Bonhoefferhauses in der Burgstraße gespielt wird, erlebte sogar zwei Mal einen Umzug.
In den Jahren 1896 bis 1927 wurden im roten Haus am Hainberg (heute Kreisvolkshochschule) im Fürstlichen Lehrerseminar Pädagogen für die damaligen Volksschulen ausgebildet. Nach Abschluss ihrer Ausbildung waren diese Lehrer auch in der Lage, Kantoren-und Organistendienste in den jeweiligen Kirchen ihres Einsatzortes auszuüben. Grundlage für diese Tätigkeit bildete der Unterricht an einer Orgel, die von der Bornaer Firma Kreutzbach Ende des 19. Jahrhunderts in das Lehrerseminar eingebaut wurde. An diesem Instrument unterrichteten zum Beispiel die Kantoren Wilhelm Urban und Wilhelm Köhler. Urban war auch erster Lehrer des später berühmten Komponisten und Pianisten Bernhard Stavenhagen. Köhler und Urban gaben zudem Choralbücher heraus, in denen sie den Seminaristen selbst geschriebene vierstimmige Sätze zur Begleitung des Choralsingens gaben.
Im Jahr 1927 ging dann die Lehrerausbildung an die Universitäten über und das Greizer Seminar wurde in eine Deutsche Aufbauschule mit Lyzeum umgewandelt. Zur Verabschiedung der letzten Seminaristen am 31. März 1927 spielte der spätere Musiklehrer der Greizer Oberschule, Kurt Schwerdtfeger ein Präludium und Fuge von Johann Sebastian Bach. Schwerdtfeger war zu diesem Zeitpunkt Unterprimaner der Aufbauschule. Auch für diesen Schultyp war die Kreutzbach-Orgel eine wertvolle Hilfe bei der musikalischen Ausbildung der Schüler.
Als die Aufbauschule im Jahr 1945 ihre Pforten schloss und das Gebäude für eine andere Nutzung vorgesehen wurde, setzte man die Orgel in den großen Saal des Luther-Hauses in der Gerichtsstraße um. Dort fand sie auf der Empore einen geeigneten Standort. Das Lutherhaus hatte als Gemeindehaus der Evangelischen Kirche Greiz besonders in den Nachkriegsjahren eine bedeutende Rolle gespielt. Der Saal und die angrenzenden Räume waren beheizbar und ermöglichten auch in den kalten Monaten des Jahres eine Weiterführung des kirchlichen Lebens. Häufig fanden im Lutherhaus auch Konzerte statt, die man in der kalten Kirche nicht hätte durchführen können. Vor allem KMD Siegfried Schadwill und seine Frau Karen, die Choristen des Kirchenchores und weitere Musiker waren bei diesen Konzerten aktiv dabei. Auch der Greizer Kantatenchor probte in diesem Gebäude.
Ende der 1990er Jahre entschloss sich die Kirchgemeinde Greiz, das Luther-Haus zu verkaufen und das Gemeindezentrum in die Mitte der Stadt Greiz zu verlegen. Arne Witting, der damalige Superintendent ließ das Haus Burgstraße 2 (früher Geschäft Röhnert, später Filiale des HDR Greiz) umbauen.
Nun zog die kleine Kreutbach-Orgel zum zweiten Mal um und fand im großen Saal des nach Dietrich Bonhoeffer genannten Gemeindehauses ihren wahrscheinlich endgültigen Platz. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel konnte zunächst nur das Prospekt eingebaut werden; das eigentliche Orgelwerk wurde in der Stadtkirche gelagert.
Dort blieb es bis zum Jahr 2003. Orgelmeister Bochmann aus Kohren-Salis fand eine große Menge an Arbeit vor, bevor die Orgel endgültig im Bonhoefferhaus aufgestellt werden konnte. Im Rahmen der Veranstaltung Orgelmarathon rahmte sie der damalige Greizer Kantor Matthias Grünert in sein Programm ein. Nach einem Wunschkonzert nahm Superintendent Andreas Görbert die Weihe der Kreutzbach-Orgel vor. Die Kosten für den Wiederaufbau beliefen sich auf 24000 Euro, wobei Matthias Grünert durch die Kollekte seiner Konzerte etwa ein Drittel zur Finanzierung beitrug. Ein zünftiger Orgelschmaus umrahmte die Feierlichkeit der Orgelweihe.
Antje-Gesine Marsch @16.01.2013
Quelle: Irmengart Müller-Uri, Kein Haus, sondern eine Orgel erzählt
HB Nr. 11/2003