Vom Naturheilverein zur prächtigen KleingartenanlageInteressiert betrachten die Besucher die Gärten der Anlage.

Historische Führung durch die Kleingartenanlage „Sonnenhöhe“ auf dem Greizer Reißberg
GREIZ. In Greiz werden eine Vielzahl von Führungen angeboten, etwa durch die Alt-und Neustadt, den Fürstlich Greizer Park, über den Neuen Friedhof oder auf dem Oberen Schloss. Seit Sonntag gibt es ein Novum: einen geschichtlichen Streifzug durch die Kleingartenanlage „Sonnenhöhe“ auf dem Reißberg. „Unser Vereinsvorsitzender Peter Haase hatte die Idee“, wie Karin-Monika Löser, Vorstandsmitglied und zugleich Chronistin der Anlage, die vor zwei Jahren ihr 125-jähriges Bestehen mit einem großen Jubiläumsfest begehen konnte, sagte. Dass der Prophet im eigenen Land noch immer zu wenig gilt, zeigte die Tatsache, dass zwar zwei Paare aus dem vogtländischen Plauen an der Führung teilnahmen, doch Greizer Interessierte nicht in Sicht waren. Die sächsischen Gäste zeigten sich beeindruckt von der Historie der Anlage, die einst als Naturheilverein gegründet wurde und als zweitälteste Thüringens gilt. Im Jahre 1897 wurde ein Feld vom Fleischer Albert gepachtet und bald konnte der Verein 500 Mitglieder verzeichnen. „Die Menschen wollten hinaus an die frische Luft, um sich zu bewegen und ihrer Gesundheit etwas Gutes tun“, so Karin-Monika Löser, die sich seit etwa acht Jahren intensiv mit der Geschichte des Vereins beschäftigt und dazu unzählige Zeitungen „durchgeforstet“ hat. Dass der „Verein für naturgemäße Lebens- und Heilweise“ nicht wie angenommen im Jahr 1888, sondern bereits zwei Jahre eher gegründet wurde, hat sie ebenfalls bei ihrer Recherche herausgefunden. An der großen Wiese, auf der 1898 ein Luftbad eröffnet wurde, bildete sich bald eine große Laubenkolonie. Auch entstanden eine Kegelbahn und eine Unterkunftshalle mit großem Saal. Beim ersten offiziellen Sommerfest, waren die Gäste noch aufgefordert, eigene Sitzmöglichkeiten mitzubringen“, wie Karin-Monika Löser schmunzelnd erzählte. So entwickelte sich aus dem Luftbad, zu dem im Jahr 1902 noch eines extra für die Damen gebaut wurde, eine große Gartenanlage mit 139 Gärten von etwa je 100 Quadratmetern Größe. Nach Auflösung des Naturheilvereins und dem 2. Weltkrieg war ein Schulhort im Gebäude untergebracht – alles wurde „herunter gewirtschaftet“, wie Frau Löser bedauernd erwähnte. „Mittlerweile sind einige Gärten zusammengelegt worden; derzeit haben wir 92. Der Trend geht wieder in die Richtung, dass Familien mit Kindern sich einen Garten zulegen“, freut sich die Chronistin, dass der Altersdurchschnitt in der Anlage in den letzten Jahren gesunken ist. Gleich im Eingangsbereich ist dem langjährigen Vorsitzenden Otto Güther ein Gedenkstein gewidmet. „Er kümmerte sich um alle Belange der Anlage, setzte sich auch für das Jugendherbergswesen in der Stadt Greiz ein“, beschrieb Frau Löser das Engagement des Greizers (1867-1928), nach dem in den 1930er Jahren eine Straße auf dem Reißberg benannt wurde und dessen Otto-Güther-Stiftung bis in die 1940er Jahre bestand. Staunend nahmen die Gäste nicht nur die Schönheit der Anlage zur Kenntnis, sondern auch die gut erhaltende Substanz der Gartenhäuschen, von denen drei sogar mit zwei Etagen gebaut wurden. Die Mitglieder würden darauf achten, dass der historische Charakter der Anlage bewahrt bleibt, bescheinigte die Führerin den Gartenbesitzern. Fünf Gärten würden sich zudem bereits im Besitz der dritten Generation befinden, beispielsweise ihr eigener, den sie Anfang der 1970er Jahre vom Großvater übernahm, wie Karin-Monika Löser berichtete. Ein Besuch der Museumslaube, die mit zahlreichen Informationen und Reliquien in die „gute alte Zeit“ zurückversetzt, bildete den Abschluss der Führung, die für jeden Natur-und Geschichtsliebhaber wärmstens zu empfehlen ist. Dem Plauener Ehepaar Schurick gefiel die Stippvisite auf der „Sonnenhöhe“ so gut, dass es zum Sommerfest wiederkommen will.

Antje-Gesine Marsch @18.05.2015