Jenaer Professor über die weitere Zusammenarbeit zur Sicherung der Patientenversorgung im ländlichen RaumQuelle: Gerd Zeuner v.l.n.r. Dr. Schäfer, Prof. Dr. Dr. Hofmann, Dr. Dietzel

GREIZ. Das Kreiskrankenhaus Greiz ist seit 2012 Akademisches Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Jena und arbeitet mit allen Fachbereichen des UKJ zusammen. Am 17. Mai 2024 war der Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Jena (UKJ), Professor Dr. Dr. Gunther O. Hofmann in Greiz mit dem Ziel, die Zusammenarbeit im unfallchirurgischen Bereich zu vertiefen. So wurde die Zertifizierung als lokales Traumanetzwerk mit dem UKJ und die Weiterentwicklung der Kooperationen mit dem Traumanetzwerk des UKJ diskutiert.
Die Gespräche zur Kooperation hatte das Aufsichtsratsmitglied der Kreiskrankenhaus Greiz-Ronneburg GmbH, Dr. Ulli Schäfer, vertieft. „Ich kenne den Professor seit zwölf Jahren und schätze Gunther O. Hofmann nicht nur als hochangesehenen Chirurgen, sondern auch als Koryphäe in gesundheitspolitischen Belangen“, so Schäfer über seine Zusammenarbeit mit dem Jenaer Klinikdirektor.
Der Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie im Greizer Krankenhaus, Dr. Mario Dietzel, stellt seinen Fachbereich und das Greizer Leistungsspektrum Prof. Dr. Dr. Hofmann vor.
Heute arbeiten in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie acht Ärzte.“ Behandelt werden Unfallverletzte einschließlich schwerer Gelenkverletzungen, Becken- und Wirbelsäulenverletzungen sowie polytraumatisierter Patienten. Als spezielle Leistungen hebt der Greizer Chefarzt die Endoprothetik und die Alterstraumatologie hervor.

Für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten bietet die Greizer Unfallchirurgie bereits eine spezielle BG-Sprechstunde an. Zukünftig sollen auch schwere Arbeitsunfälle, die einen stationären Krankenhausaufenthalt benötigen, im Verletzungsartenverfahren behandelt werden. Bei Arbeitsunfällen sind die Patienten über die Berufsgenossenschaft versichert.

Professor Dr. Dr. Gunther O. Hofmann bescheinigte dem Team von Chefarzt Dr. Dietzel, eine hervorragende Arbeit zu verrichten und stellte für das Kreiskrankenhaus Greiz-Ronneburg die Prognose, dass es für diese Klinik überhaupt kein Problem sein dürfte, in Zukunft weiterhin als Grundversorger erhalten zu bleiben. In seinem Vortrag vor den Ärzten und Mitarbeitern des Teams der Greizer Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie ging der Gast aus Jena auf die Folgen einer möglichen Fehlsteuerung im Gesundheitswesen, die demographische Situation sowie Notfallstrukturen und Entwicklungen in der Unfallchirurgie ein.

„Ich komme gern hierher, nicht nur, weil wir bereits seit vielen Jahren in einem konstruktiven Dialog stehen, sondern weil es mir wirklich um den Erhalt des Krankenhauses in Greiz geht und damit wir unter diesem Aspekt perspektivisch weiter zusammenarbeiten können“, so Hofmann, „dabei müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht durch die Politik fremdbestimmen lassen.“
Bei aller Zentralisierung von komplexen Fällen muss die Basisversorgung in den ländlichen Regionen gesichert werden. „Es kann nicht sein, dass Patienten von weit her zu uns kommen, weil es in ihrer Heimatregion keine stationären Behandlungsmöglichkeiten mehr gibt“, beschreibt Hofmann die aktuelle Entwicklung. Es müsse genau untersucht werden, was in kleineren Kliniken möglich und sinnvoll ist. Und dazu seien die medizinischen Fachkräfte vor Ort aufgefordert. „Wir müssen das Thema anpacken und dürfen es nicht den Politikern überlassen“, ruft Gunther O. Hofmann die Greizer Kollegen auf: „Bringen Sie sich in die politische Diskussion ein. Man braucht Sie, man braucht Ihre fachliche Kompetenz!“
Dann präsentierte der Jenaer Klinikchef Informationen und Zahlen, die belegen, dass die Lage im deutschen Gesundheitswesen die der Titanic gleiche: „Das Schiff sinkt, die ersten Generatoren fallen bereits aus.“ Deutschland habe zwar das teuerste Gesundheitssystem Europas, befinde sich als solches aber nicht unter den Top 10. „Es ist wie beim FC Bayern München. Die haben zwar die teuersten Spieler, es reicht aber nicht zur Meisterschaft“, vergleicht der Professor. Politischer Handlungsbedarf bestehe, weil der Wertschöpfungsfaktor Gesundheitswirtschaft aktuell tektonische Verschiebungen erlebe. „Das bestehende Diagnosebezogene Fallgruppen (DRG)-System führt zu dieser Fehlsteuerung.“ Durch dieses genießen lukrative Behandlungen wie Herzkatheteruntersuchungen und Gelenkendoprothesen Prioritäten gegenüber der Daseinsvorsorge wegen der hohen Vorhaltekosten.
Die flächendeckende Notfallversorgung wird immer schwieriger, die zeitgerechte Erreichbarkeit von unter 30 Minuten ist schon lange nicht mehr überall sichergestellt. Doch Notfallversorgung und Unfallchirurgie gehören zur Daseinsvorsorge. Um diese flächendeckend sicherzustellen, bedarf es nach Einschätzung von Professor Hofmann einer abgestuften Finanzierung der Krankenhäuser: „Die Vorhaltepauschale darf nicht mit der Gießkanne verteilt werden und medizinfremde finanzielle Verluste müssen beseitigt werden.“

Diese Aussage von Prof. Dr. Dr. Hofmann muss in Greiz vor dem Hintergrund der Insolvenz der Paracelsus Klinik Reichenbach und der Schließung der Reichenbacher Notaufnahme gesehen werden. Die Greizer Unfallchirurgie und das Team der Greizer Notaufnahme helfen jeden Tag einer steigernden Anzahl von Notfallpatienten.

Von R.Marsch