Greizer Villa Schilbach lud zum Tag des offenen Denkmals einBesonders der wunderschöne Treppenaufgang der Villa Schilbach gefällt den Gästen. foto: Torsten Röder

Tag des offenen Denkmals im ehemaligen Kreisgericht
GREIZ. Der Bauherr Martin Schramm aus München schmunzelt, wenn man ihn zum Tag des offenen Denkmals 2014 Fragen stellt. Zum Beispiel, wie er als Münchner ausgerechnet auf das kleine Greiz gekommen ist, um hier eine Gründerzeitvilla zu sanieren. „Sie sagten es selbst: Gründerzeit-Architektur ist das Thema. Wenn man da gezielt im Internet oder auf einschlägigen Portalen sucht, kommt man an Greiz gar nicht vorbei. Diese Stadt hat ein enormes Potenzial. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, die Umsetzung dieses Potenzials allein von der Stadt oder vom Bürgermeister zu erwarten. Nein, hier müssen Alt- und künftige Neu-Greizer schon selbst aktiv werden, um dieses Potenzial zu heben“, beantwortet Schramm die gestellte Frage sehr pragmatisch.

„Wo die Villa Schilbach ist?
Solche Reaktionen soll es durchaus noch geben, wenn man in Greiz nach der Villa des ehemaligen Wollwarenfabrikanten Ernst Albrecht Schilbach fragt. Schließlich beauftragte der geschäftstüchtige Bauherr die Arbeiten für das Haus bereits 1889. Gibt man dann einige Stichworte der späteren Nutzung (Oder sollte man besser von Zweckentfremdung sprechen?) an, dann hellen sich die Mienen der Greizer auf. Bei Stichworten wie „zu DDR-Zeiten Wehrkreiskommando und später bis zur Wende Kreisgericht“ kommt nämlich regelmäßig der Satz „Ach so, das Gebäude meinen Sie. An der Ecke Breitscheidstraße/Querstraße…“. Nun ja, die Querstraße heißt heute auch anders, nämlich Nahmmacherstraße. Und ein Kreisgericht ist das Gebäude schon seit den frühen 1990-er Jahren nicht mehr. Fotos aus dieser Zeit gibt es ohnehin so gut wie keine, bedauert Martin Schramm während der Besucherführungen. Dafür hat das Gebäude seit dem Erwerb durch Martin Schramm deutlich vom alten Glanz einer echten Villa zurück gewonnen. Dieses private Engagement wurde 2014 mit dem Denkmalschutzpreis des Landkreises Greiz gewürdigt. Am 14.September 2014 hatte die breite Öffentlichkeit nun erstmals Gelegenheit, sich auch von innen selbst einen Eindruck verschaffen zu können, wie aufwändig die Sanierung einer solchen Villa ist.

Besucheransturm schon ab 13 Uhr
Wer geht an einem Wahlsonntag schon bei strömenden Regen vor die Tür? Noch dazu, um sich Denkmäler anzuschauen? Mehr als man vermutet. Ab 13 Uhr sollte es losgehen. Schon eine Viertelstunde vorher bildete sich eine größere Menschentraube am schmiedeeisernen Tor des riesigen Gartens. Wenn böse Zungen behaupten wollten, die suchten alle nur ein trockenes Plätzchen, dann liegen diese Zungen komplett falsch. Der kleine Vorraum unmittelbar nach der imposanten, schweren Eingangstür aus Holz konnte beim ersten Durchgang nämlich kaum die erste Gruppe fassen. Martin Schramm begrüßte die Gäste und freute sich über das Interesse. Zu DDR-Zeiten wurde schon in diesem Vorraum „gewütet“. „Hier links war eine Mauer eingezogen für die Pförtnerloge“ erläutert Martin Schramm den neu gestalteten Raum und ergänzt: „Dafür wurden zum Beispiel die Stuckarbeiten abgeschlagen, um die Mauer einziehen zu können“. Heute können die Besucher die nach Vorlagen erschaffenen Stuckelemente wieder bewundern. Mit diesem ersten Eindruck bittet der neue Hausherr die Besucher in das Erdgeschoss zur Besichtigung.

Zugekleisterte Stuckarbeiten und verblendete Schiebetüren
In nahezu jedem Raum macht Schramm dezent auf die mühevolle Sanierung aufmerksam. Nahezu alle Wände und Decken waren zu DDR- Zeiten mit weißer Latexfarbe zugekleistert worden. „Als Vorteil gilt, dass dadurch der Stuck konserviert wurde. Der Nachteil ist, dass man beim Ablösen höllisch aufpassen muss, um die darunter liegenden Originalfarb-schichten nicht zu beschädigen“ zeigt der Hausherr auf die Herausforderungen für Restauratoren und Handwerker auf. Lediglich die alte Holzdecke im ehemaligen kleinen Sitzungssaal blieb vom DDR-„Farbkonzept“ verschont, musste aber ebenfalls mit Schellack aufgearbeitet werden. Stolz zeigt Schramm neu geschaffene Sichtachsen durch wiederhergestellte Türen. „Die haben sich hier früher abgeschottet, jede Verbindungstür verrammelt und zugemauert. Wir haben das wieder geöffnet und es zeigt sich ein deutlich großzügigeres Bild“ macht er die Besucher auf Veränderungen aufmerksam. Die meisten Türrahmen mussten dabei neu aufgearbeitet werden. „Ein paar waren noch eingebaut, vereinzelte lagen ausgebaut im Dachgeschoss herum. Sie dienten als Vorlage für die Restaurierung“, erzählt Restaurator Mirko Finzsch den Besuchern beim Rundgang. Der Laie muss zweimal hinschauen, es ergibt sich auf den ersten Blick ein durchaus stimmiges Bild. Besonders stolz ist Martin Schramm auf eine Glastür zum Vorraum der Veranda: „Die stammt aus dem Berliner Raum, passt aber genau in´s Bild“. Auf die Wiederherstellung der Schiebetür (!) zur Veranda selbst war aufwändig. „Die war verblendet und zugekleistert mit Farbe. Daran hatten die Handwerker ganz schön zu knabbern – aber sie funktioniert wieder tadellos“, demonstriert er den Besuchern. Leichtläufig gleitet die Tür nach links und rechts auf und gibt den Zugang zur Veranda rechts vom Eingang frei. Im Vorraum selbst kann man sich an der Stuckdecke ein Bild von der mühevollen Arbeit eines Restaurators machen. Mirko Finzsch war der Fachmann für die Restaurierung der eindrucksvollen Deckenmalereien. Schicht für Schicht wird jeweils an der Decke abgetragen, bis man zum Ursprung gelangt.

Handwerker aus der Region, Farb- und Nutzungskonzept
Martin Schramm erzählt beim Rundgang, dass jeder Raum ein Farbkonzept erhält und Kontraste zu den jeweiligen Stuckdecken bieten soll. Dies wird von der Denkmalschutzbehörde begleitet. „Herr Metzner von der Denkmalbehörde ist hier genauso engagiert wie der Greizer Malermeister Kahnt, der ein sehr feinsinniges Gespür für Farbkompositionen hat“, lobt Schramm die Leistungen der Handwerker, die fast alle aus der Region kommen.
Neben dem Malerbetrieb Kahnt im Innengebäude war z.B. Dachdeckermeister Schmidt für das Dach zuständig gewesen. Der Steinmetzbetrieb Brock zeichnete für die Klinkerfassade „Über 2.000 Klinkersteine hat die Firma Brock nach Reinigung der Fassade letztlich austauschen müssen“ berichtet Restaurator Mirko Finzsch im Gespräch. Geht man vergleichsweise von 50.000 Klinkern an Gründerzeitgebäuden aus, klingt das zwar nicht viel. Im speziellen Fall haben diese 2000 neuen Klinker aber dennoch genügend Arbeit gemacht. Viele Besucher wollten auch etwas zum dem künftigen Nutzungskonzept des Gebäudes wissen. „Das Obergeschoss werden wir selbst nutzen. Im Erdgeschoss verfolgen wir einen experimentellen, der Öffentlichkeit zugänglichen Ansatz. Wir können uns hier Familien- und Hochzeitsfeiern vorstellen, der große Garten lädt dazu förmlich ein. Aber auch Workshops oder Vernissagen sind denkbar. Warum sollten gut betuchte Audi-Manager immer im Zeulenrodaer Seehotel absteigen? Mit dem richtigen Ansatz geben die ihr Geld auch gern in Greiz aus“, lacht Schramm. Er lässt noch wissen, dass er ganz sicher kein Millionär ist und auch rechnen muss. Sich aber mit diesem Konzept eben auch mal eine Quersubventionierung vorstellen kann. „Wenn sich das Haus insgesamt trägt, ist das für mich völlig in Ordnung. Das war und ist kein Spekulationsobjekt“, sagt uns der sympathische Villenbesitzer und freut sich, dass schon die nächste Besuchergruppe das offene Denkmal besichtigen will. Mit ihrem Interesse zeigen die Greizer auch, dass der Denkmalschutzpreis 2014 den richtigen Adressaten erreicht hat.

(tr) @14.09.2014