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Vortragsthema: Umgang und Erfahrung mit rechter Gewalt

Dr. Albrecht Schröter, Oberbürgermeister von Jena, zu Gast bei »Prominente im Gespräch«

Der Jenaer Oberbürgermeister Albrecht Schröter rerferierte im Greizer »Bücherwurm« zum Umgang und den Erfahrungen mit rechter Gewalt. Mehr Mut zu zeigen, forderte der Politiker die Bürger auf.

Dr. Albrecht Schröter, Oberbürgermeister von Jena, zu Gast bei »Prominente im Gespräch«

GREIZ. Das Thema Rechtsextremismus ist in Greiz nicht erst seit letztem Jahr bekannt, als sich „besorgte Bürger“ gegen ein Asylbewerberheim auf dem Zaschberg stark machten. „Ich habe von den Ereignissen gehört“, berichtete Dr. Albrecht Schröter, der auf Einladung von Harald Seidel am Dienstagabend im „Bücherwurm“ zum Thema „Umgang und Erfahrung mit rechter Gewalt“ referierte. Der Jenaer Oberbürgermeister ist bekannt dafür, ein aktiver Gegner des Rechtsextremismus zu sein. Das Thema ist von höchster Brisanz, wie Schröter betont und definiert: Rechtsextremismus will jene Ideologie wiederbeleben, die Deutschland im letzten Jahrhundert ins Unglück stürzte. Die Begriffe deutsches Wesen, Heimat oder Volkstum seien in diesem Zusammenhang oft missbraucht worden. Diese Ideologie lebt stellt Albrecht Schröter schon seit langem fest.

Dabei diene das Klischee der Rechten mit Glatze und Springerstiefeln schon lange nicht mehr als Erkennungsmerkmal. Sie kommen smart daher, sind unauffällige Leute, die in Elternbeiräten oder Gemeindekirchräten aktiv sind, wie der Politiker weiß. Der Extremismus, dessen politischer Arm die NPD ist, hat unterschiedliche Gesichter bekommen. Das schlimmste Beispiel sei das NSU-Trio, das Jenaer Wurzeln hatte. Die Bezeichnung für die Stadt Jena Buntes Tuch mit braunen Flecken sei deshalb durchaus angebracht. Wie aber stellt man sich gegen diese gelebte rechte Gesinnung? Man braucht eine ganz klare innere Einstellung, dagegen zu sein, unterstreicht Schröter. Dabei stelle sich die Frage nach dem Geist des Grundgesetzes der Bundesrepublik, in dem ganz klar definiert wurde: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg. Die ethischen Werte, also die Würde des Menschen, stehe dabei an erster Stelle: Nazis verletzen die Menschenwürde jedes Asylbewerbers. Wir müssen einfach Farbe bekennen und klare Stopp-Signale setzen, wenn es gilt, Nazis keinen Raum zu geben. Seine innere Haltung müsse man in äußeren Aktionen ausführen und aktiv leben, wie der Politiker fordert. Sich um die Asylbewerber zu kümmern, sie zu ermutigen, sei ebenfalls ein wichtiger Aspekt, sich offen zu bekennen.

Erst wenn es gelänge, sich aus der Mitte der Gesellschaft heraus den Neonazis entgegenzustellen, erst wenn sie bei ihren Aufmärschen keinen Meter weiterkommen, würden sie die Lust an Aufmärschen verlieren. In Jena habe man eine dreiteilige Lösung gefunden, sich dem braunen Sumpf entgegenzusetzen. Zum einen mit dem Stadtprogramm gegen Fremdenfeindlichkeit, Rechtextremismus, Antisemitismus und Intoleranz; einem Runden Tisch und der Kontaktstelle Kokont, die den Runden Tisch strukturell unterstützt. Das funktioniert gut, wie Albrecht Schröter einschätzt und zugleich der Stadt Greiz anbietet, von diesen Erfahrungen auch praktisch profitieren zu können.

Im Jahr 2007 hatte die NPD in Jena zum zweiten Mal das sogenannte Fest der Völker angezettelt 3000 Bürger versammelten sich zuerst zu einer Kundgebung und besetzten anschließend Kreuzungen und Straßen, um die Zufahrten in das Zentrum zu blockieren. Die Randstreifen-Demo sei in die Geschichte eingegangen, wie er lächelnd sagte. Durch Schröter, der als ganz normaler Bürger auch gern an Sitzblockaden teilnimmt, entstand die Initiative Kommunen gegen Rechtsextremismus, in der zentral der Frage nachgegangen wird, wie man mit rechtsextremen Gruppierungen umgeht. Oftmals herrscht dabei immer noch große Unsicherheit, weiß der engagierte Politiker, der vor einem Jahr mit dem Preis für Zivilcourage geehrt wurde.
Im Alltag aufmerksam zu sein, riet Albrecht Schröter den Anwesenden. Immer mehr würden die Nazis auch über das Internet versuchen, ihre Ideologie unter das Volk zu bringen. Wichtig sei auch, bei der Europawahl am 25. Mai dieses Jahres an der richtigen Stelle sein Kreuz zu setzen. Die Gefahr, die von den rechtspopulistischen Parteien ausginge – und dabei nannte er auch die Alternative für Deutschland (AfD) – sei nicht zu unterschätzen.

Die Veranstaltung bot auch den Gästen die Gelegenheit, sich an der Diskussion zu beteiligen oder eigene Erfahrungen und Ansichten einzubringen. Wehret den Anfängen forderte eine Veranstaltungsbesucherin. Der Kampf gegen Rechts müsse schon in den Kindereinrichtungen beginnen Straßenkampf sei das eine, aber im Alltag gelten andere Prämissen. Dem stimmte Albrecht Schröter zu. Mit Aufklärung könne man nicht früh genug beginnen. Ob die AfD eine rechte Partei ist, wollte ein anderer Gast wissen. Schröter, der sie NPD light nannte, gab zu verstehen, dass es bei einem NPD-Verbot welches er übrigens für dringend nötig hält zu einem Übertritt vieler NPD-Leute in die AfD käme. Viele Menschen trauern der D-Mark nach, das ist ein Ansatz. Willi Brüssel-Mautner forderte auf, bei den Kommunalwahlen, die im Mai anstehen, nicht zuzulassen, dass Rechte in das Stadtparlament einziehen. Bei der Bekämpfung des Neofaschismus müsse man zudem eine neue Kreativität entwickeln. Die Gutscheinreglung für Asylbewerber im Landkreis Greiz sprach Thomas Liehr an. Schröter schlug vor, aus der Bürgerschaft heraus, mehr Druck auf zu Zuständigen auszuüben, damit man den Mensch im Menschen sehe. Dazu müsse eine interkulturelle Form der Verständigung entwickelt werden. Wie die Zusammenarbeit mit der Polizei in Jena sei, wollte eine Besucherin wissen. Exzellent, so Albrecht Schröter, der noch einmal unterstrich, dass die Polizei keine Gewalt ausüben solle, sondern helfen, Gewalt zu verhindern.

Juso-Vorsitzende Marie Mayer ergriff ebenfalls das Wort. Sie unterstrich noch einmal, dass Greiz kein rassistisches Drecksnest ist, wie zu einer der Kundgebungen laut wurde. Bei den Rechten handelt es sich um gefährliche Leute. Es gilt, das Problem an den Wurzeln zu packen, so die Studentin, die ihre Befürchtungen aussprach, dass die Nazis auch in Greiz nicht aufhören werden, ihr rechtes Gedankengut zu versprühen. Die stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Greiz, Ines Watzek, bedankte sich bei Dr. Albrecht Schröter für sein Kommen und vor allem für sein Angebot, die Stadt Greiz im Kampf gegen Rechts unterstützen zu wollen.

Antje-Gesine Marsch @15.01.2014

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