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Carmen-Maja Antoni: Je älter ich werde, desto größer die Rollen

Maja-Carmen Antoni bei Prominente im Gespräch

Sehr ausdrucksvoll in Mimik und Gestik liest Carmen-Maja Antoni aus ihrem Band vor.

Zwei vergnügliche Stunden mit Carmen-Maja Antoni, die als Gast zur Veranstaltung “Prominente im Gespräch” in die Greizer Buchandlung “Bücherwurm” kam

GREIZ. Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Auch wenn sich Carmen-Maja Antoni selbst als „klein, strubbelig und mit spitzer Nase” einschätzt, ist sie eine wunderschöne Frau mit Ausstrahlung, Charisma und einer großen Portion ehrlicher Herzlichkeit. Die Schauspielerin konnten zahlreiche Gäste am Dienstagabend in der Buchhandlung “Bücherwurm” erleben, als sie in der Prominente-im-Gespräch-Veranstaltung nicht nur aus ihrem Band “Im Leben gibt es keine Proben” las, sondern auch spontan Lebensweisheiten, Erinnerungen und Anekdoten zum Besten gab. Noch am Vortag stand Frau Antoni als “Mutter Courage” im Berliner Ensemble auf den Brettern, die die Welt bedeuten.

Umjubelt und mit stehenden Ovationen gefeiert – wie an jedem Abend, wenn sie Brecht spielt. Zwar sei sie schon immer “die Kleinste, Jüngste und Komischste” gewesen und mehr als “Clown” statt einer eleganten Frau wahrgenommen worden, doch damit lebe sie. Bereits mit vierzig Jahren habe sie “Alte” gespielt – die Altersspanne ihrer Rollen liege zwischen 60 und 86. “Alte haben so eine Lebenskomik, die ich durchaus liebe”, so Carmen-Maja Antoni. Sie müssten nichts mehr beweisen, sind einfach “pur”. Die schauspielerische Verwandlung habe sie über die Charaktere dargestellt. Kaum zu glauben, dass die Schauspielerin, die als 17-Jährige an das Potsdamer Hans-Otto-Theater kam, das Angebot Helene Weigels ausschlug, am Berliner Ensemble zu spielen.

Stattdessen ging sie zur “Volksbühne”. Mit der großen Autorität “der Weigel”, die alle Schauspielerinnen “Pupperl” nannte, habe sie sich ziemlich schwer getan, gestand Carmen-Maja Antoni. Wie unerfahren die junge Antoni war, manifestierte sich an der Tatsache, dass auf Brechts Besetzungsliste des “Kaukasischen Kreidekreises” ihre Rolle – die Magd Grusche – zwar vermerkt war, sie zu den durchaus neidischen Bemerkungen ihrer Kollegen aber spitz antwortete: “Was Ihr nur habt; mein Name steht ganz unten.” Brecht ordnete die Rollen eben nicht nach ihrer Bedeutung.

Dass sie im Laufe ihrer beruflichen Laufbahn alle Brecht-Frauen gespielt hat, erfüllt sie mit Stolz. “Seine Texte sind Gesetz”, so Antoni. 35 Jahre nach der großen Weigel spiele sie nun die “Mutter Courage” – oft werde sie sogar mit ihr verglichen. “Je älter ich werde, desto größer werden die Rollen”, lautete das liebenswerte Resümee ihrer Karriere. “Wer will schon alte Schachteln spielen?”Doch müsse man dabei besonders “mit Qualität ballern.”

Auch einen Blick in die Kindheit warf die Mimin: bereits als 11-Jährige entdeckte man sie für das Kinderfernsehen. “Ich kannte sie alle, auch Meister Nadelöhr”, so Frau Antoni. Im Kinderkabarett “Die blauen Blitze” bekam sie bereits als junges Mädchen mit, dass sich viele “mit zwei Sprachen” artikulierten. Ein längeres Auslandsgastspiel der Mutter machte es unumgehbar, dass Carmen-Maja Antoni in wechselnde Kinderheime musste; als 13-Jährige wohnte sie mit ihrer Schwester dann allein im mütterlichen Haus. “So sind wir still und allein erwachsen geworden.”
Bekanntheit erreichte die heute 70-Jährige nicht nur durch “große” Theaterrollen, sondern auch durch Darstellung der etwas schrulligen Schwester Elsa des Dorfpolizisten Horst “Hotte” Krause oder der Irmtraut Schäffer in der Serie “Mord mit Aussicht”. “Gerade die Schwester in den Krause-Filmen ist keine Kunstfigur, durch ihre Einfachheit, aber das Leichte, was schwer zu machen ist”, flocht Carmen-Maja Antoni gleich ein Brecht-Zitat mit ein.

“Furcht habe ich davor, dass ich eines Tages den Text nicht mehr kann”, gestand die Junggebliebene. “Wenn ich Angst kriege, höre ich auf”, so die Mimin, die nach einem ganz speziellen fotografischen-Gedächtnis-Prinzip ihre umfangreichen Text lernt. Dabei habe sie noch nie ein Blackout auf der Bühne gehabt. Lediglich einen Lachanfall.

Den Wunsch einer Anwesenden, a cappella ein Brecht-Lied zu singen, lehnte die Schauspielerin nett, aber bestimmt ab. Sie würde auch keinen Klempner auf einer Hochzeit fragen, ob er mal schnell ein Rohr verlegt. Eine Lanze für die hohe Kunst des Theaterspielens brach Carmen-Maja Antoni an diesem Abend auch. Junge Leute, die ohne Ausbildung, also “ohne Handwerkszeug” mal schnell einen Film drehen und durch “Hoch-Hypen” zum Erfolg kommen, würden “so schnell wie sie hochkommen, auch wieder fallen.” Schauspielen sei mitunter eine brotlose Kunst, doch andererseite “eine Berufung”: “Man muss es wollen”, untersetzte Carmen-Maja Antoni ihre Lebensmaxime mit Erfahrung.

Für ruhige, besinnliche Momente sorgte an diesem Abend die Greizer Musikschülerin Jana Hellfritzsch (Gitarre) mit ihrem virtuosen Spiel.

Antje-Gesine Marsch @21.04.2016

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