Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sprach im Greizer „Bücherwurm“ speziell über die Entwicklung der Wirtschaft im Landkreis Greiz
GREIZ. Das Thema „Die Wirtschaft im Landkreis Greiz“ stand im Mittelpunkt der Veranstaltung “Prominente im Gespräch”, zu der Harald Seidel am Montagabend in den “Bücherwurm” einlud.
Zu Gast war Wolfgang Tiefensee (SPD), seit 2014 Wirtschaftsminister des Freistaates Thüringen.
„Der Landkreis und die Stadt Greiz sind wirtschaftlich gut aufgestellt“, so die Meinung des gebürtigen Geraers und einstigen Leipziger Oberbürgermeisters und Bundesverkehrsministers.
Überhaupt habe Ostthüringen eine „atemberaubende Entwicklung“ genommen. Auch im bundesdeutschen Vergleich müsse man sich nicht hinter Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz verstecken – im Gegenteil: Statistisch gesehen habe man im Sektor Arbeitsplätze pro Einwohner einige alte Bundesländer überholt und rangiere derzeit auf Platz 6 von 16.
Minister Tiefensee machte aber deutlich, dass die wirtschaftliche Zukunft in der Greizer Region nicht durch die Ansiedlung „großer Industrie“ zu lösen ist. Ein Ansatz wäre, dass sich innovative Firmen, zum Beispiel im IT-Bereich, digital mit Maschinenbauern oder Kreativfirmen zu temporären Kooperationen zusammenschließen. “Das ergibt, entlang der gesamten Wertschöpfungskette produktiver zu werden”, nennt Tiefensee das Bestreben.
Kleine Thüringer Unternehmen könnten damit “die großen” durch Individualität und Flexibilität schlagen.
Eine Sorge treibt den Politiker allerdings um: „Wir haben nicht genügend Fachkräfte. Wie können wir mit immer weniger Menschen die Wertschöpfung der Betriebe trotzdem steigern?“, richtet Tiefensee auch einen Blick auf Arbeitskräfte inner-und außerhalb Europas sowie die Digitalisierung als „Revolution in allen gesellschaftlichen Bereichen“.
Sämtliche Herausforderungen würden auf zwei Säulen basieren: Die Bewahrung der inneren und sozialen Sicherheit sowie das Erkennen „Wie machen wir Thüringen und uns selbst fit?“
Was der Wirtschaftsminister besonders lobend hervorhob: Die länderübergreifende, hervorragende Zusammenarbeit mit Sachsen auf dem Gebiet des Tourismus. Die Themen Marketing, wirtschaftliche Situation der Betriebe, Organisationsstrukturen und Digitalisierung gelte es in die Praxis umzusetzen, um die Konzeption des Tourismusverbandes Vogtland weiter voranzutreiben.
“Schritt für Schritt“ und „Miteinander – nicht gegeneinander“ müsse das Thüringer und Sächsische Vogtland mit seinen “unglaublichen Sehenswürdigkeiten” zusammenwachsen.
Tiefensee stellte sich auch den Fragen der Gäste. Die Greizerin Ines Wartenberg fragte beispielsweise nach der Rolle der Kultur in Verbindung mit Kreativwirtschaft. „Kultur ist die Nabe im Rad einer Stadt und zudem identitätsstiftend“, antwortete Tiefensee.
Aus Ideen Existenzen werden zu lassen, sei dabei anzustreben.
Dass man von den sächsischen Nachbarstädten längst überholt wurde, äußerte ein Veranstaltungsgast. „Wir in Greiz bekommen vom großen Kuchen nur die Krümel ab.“ Es herrsche Stillstand – ganz anders als in Reichenbach. Dabei regte er an, moderne Verbindungsstraßen an das sächsische Verkehrsnetz anzuschließen. „Sonst kann die Stadt Greiz niemals einen Standortvorteil aufweisen.“
Obwohl noch eine Vielzahl von Herausforderungen warten, sei man generell auf gutem Wege, so Tiefensee. Eine aktive Bürgerschaft würde viel dazu beitragen, eine Kommune voranzubringen. „Was die Menschen über ihre Heimatstadt sagen, ist schon die halbe Miete.“
Pfleglich miteinander umzugehen, gut über seine Stadt zu sprechen und positive Stimmung nach außen zu tragen, empfahl er den Anwesenden, zu denen auch Alexander Schulze (parteilos) gehörte, der ab 2. Juli als neuer Bürgermeister der Stadt Greiz agiert.
Wolfgang Tiefensee bot ihm an, in einem persönlichem Gespräch eine Stunde lang eine Prioritätenliste vorzulegen.
Ein Beispiel hatte der Wirtschaftsminister auch gleich parat – den Aufzug zum Oberen Schloss. „Ein touristischer Magnet“, bescheinigte er der Greizer Sehenswürdigkeit. „Mal sehen, wie wir das hinkriegen. Mich haben Sie auf jeden Fall auf Ihrer Seite.“
Auch einen Tipp für die Amtszeit des neuen Rathausschefs hatte Tiefensee parat: Im Stadtrat sei die Parteienzugehörigkeit „relativ wurscht“.
Die Stadt sei wichtig, nicht die Einzelperson.
Der Abend wurde unterstützt von MdB Elisabeth Kaiser (SPD) und Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD).
Antje-Gesine Marsch @21.06.2018