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Vergnügliche Lesestunde mit Prinz Asserate im Sommerpalais Greiz

Vergnügliche Lesestunde mit Prinz Asserate im Sommerpalais Greiz

Prinz Asfa-Wossen Asserate im Gespräch mit der Direktorin des Sommerpalais Greiz, Eva-Maria von Màriàssy (l.) und Schlossverwalterin Pia Büttner.

„Draußen nur Kännchen“ – Wie ein äthiopischer Prinz lernte, sich mit deutschem Filterkaffee zu arrangieren

GREIZ. Wann hat man schon einmal die Möglichkeit, einem Prinzen aus dem äthiopischen Kaiserhaus zu begegnen und zudem den Worten zu lauschen, die er aus einem Bestsellerband vorliest? Am Pfingstsonntagnachmittag gab es im Gartensaal des Sommerpalais im Rahmen der Thüringer Schlössertage diese wunderbare Möglichkeit. In der Einleitung des Buches „Draußen nur Kännchen“, das der Prinz an diesem Tag vorstellte, erfuhren die Gäste, wie es dazu kam, dass Deutschland zur Wahlheimat des Prinzen wurde.

Asfa-Wossen Asserate wurde 1948 in Addis Abeba geboren. An der dortigen Deutschen Schule bestand er als einer der ersten Äthiopier das Abitur, studierte Geschichte und Jura in Tübingen und Cambridge und promovierte in Frankfurt am Main. Die Revolution in Äthiopien verhinderte die Rückkehr in seine Heimat. Er blieb in Deutschland und ist heute als Unternehmensberater für Afrika und den Mittleren Osten und als politischer Analyst tätig. Sein Buch „Manieren“, das bereits 2003 erschien, wurde von der Kritik euphorisch gefeiert. Was sich den Zuhörern an diesem heißen Nachmittag bot, war ein echt genialer Prinzen-Hörgenuss. Asserate verlas Anekdoten über Kaffee in so fabelhafter und liebenswerter Manier, dass man aus dem Schmunzeln nicht mehr herauskam. Man konnte sich förmlich hineinversetzen, wie einem Fremden bestimmte typisch deutsche Eigenschaften auffallen, die man selbst nicht bemerkt. Wie Asserate die Marotten allerdings beschreibt und verbildlicht – diese Schilderung hält den Deutschen nicht nur einen Spiegel vor das Gesicht, sondern erörtert auch alltägliche Begebenheiten in völlig anderem Licht. Das Schöne daran ist die freundliche Liebenswürdigkeit der Darstellung – niemals mit erhobenem Zeigefinger oder Bloßstellen dieser Gewohnheiten.

Genial auch, wie der Wahldeutsche tief in die Ursprünge und Historie eintaucht, etwa in der Anekdote, in der Asserate über die Rituale der Kaffeezubereitung in Äthiopien und Deutschland sinniert. Urkomisch, auch kritisch, aber immer unsagbar sympathisch ging der Prinz den Tatsachen auf den Grund. Die nächste Tasse Filterkaffee und das Zurückdenken an diese vergnügliche Lesestunde zaubert bestimmt bei vielen der etwa 35 Besucher ein Lächeln ins Gesicht.

Ein Loblied brachte Prinz Asserate auch für die deutsche Kartoffel dar, insbesondere für den schwäbischen Kartoffelsalat. „Und niemand verstand sich auf seine Zubereitung so meisterhaft wie Frau Bauer, die Haushälterin unseres Corpshauses auf dem Tübinger Österberg, die Mittag für Mittag uns Studenten bekochte“ erinnert sich der äthiopische Prinz. Selbst in seinem Heimatland würde man mittlerweile die edle Knolle anbauen und sie in der Küche sehr schätzen. Auch in den „Dichterolymp“ habe die Kartoffel Einzug gehalten. Große deutsche Schriftsteller hätten die Knolle besungen, im 19. Jahrhundert Heinrich Heine und Goethe, im 20. Jahrhundert Günter Grass und Uwe Timm. Kurt Tucholsky schrieb, dass bei der Belagerung von Paris im Jahr 1870 deutsche Truppen den feindlichen Vorposten mit Kartoffeln aushalfen, anschließend versspeiste man sie gemeinsam am Feuer. Eine der schönsten Elogen auf die Kartoffel stammt von Joachim Ringelnatz, die Prinz Asserate zur Freude der Gäste rezitierte: Abschiedsworte an Pellka.

„Jetzt schlägt deine schlimmste Stunde, / Du Ungleichrunde, / Du Ausgekochte, du Zeitgeschälte, / Du Vielgequälte, / Du Gipfel meines Entzückens, / Jetzt kommt der Moment des Zerdrückens / Mit der Gabel – Sei stark!“

Antje-Gesine Marsch @09.06.2014

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