Marius Koity, Volker Müller und Karsten Schaarschmidt tragen eigene Texte vor
GREIZ. Die Lyrik gilt als Urform jeglicher Dichtung, die mit sprachlichen Mitteln Gefühle, Gedanken, Stimmungen und Perspektiven hervorbringt. Einen Ausflug in die weite Welt der Lyrik konnten die zahlreichen Besucher der Prominente-im-Gespräch-Veranstaltung am Donnerstagabend in der Buchhandlung „Bücherwurm“ unternehmen. Das Autoren-Trio Marius Koity (geb. 1966), Volker Müller (geb. 1952) und Karsten Schaarschmidt (geb. 1965) trug eigene Texte vor, die zum Teil relativ frisch entstanden, andere mit drei Jahrzehnten schon ziemlich betagt einher kamen. Schon Andrej Wossnesenski, der große russische Dichter prägte den Satz.„Es ist leichter, ein Gedicht zu schreiben, als über Gedichte zu sprechen.“ Soll heißen: sobald sich ein Kunstwerk auf eine rationale Aussage reduziert, wäre es entbehrlich. Über die drei Autoren zu reden, hieße allerdings, Eulen nach Greiz zu tragen. Doch so unterschiedlich die drei Schreiber in ihrer Vita sind, haben sie doch eines gemeinsam: die freidenkerische Unangepasstheit ihres Wesens. Marius Koity, im rumänischen Großsanktnikolaus geboren, im Jahr 1992 nach Deutschland gekommen und seit 1993 für die Ostthüringer Zeitung tätig, brachte einen Querschnitt aus seinem dreißigjährigen literarischen Schaffens zu Gehör. Frühe Verse, die entstanden, als Ceaucescu in Rumänien seine Macht noch durch die Geheimpolizei Securitate aufrecht erhielt, etwa „Weihnachten ’86“, „An der Grenze“, „Brennende Kirche und „Bestandsaufnahme“ standen emotionalen, persönlichen, wie „Mein Vater“ oder „Liebes Gedicht für Mutter“ gegenüber. Moderator Harald Seidel, der bei seinen Reisen „Rumänien neun Mal erlebte“ gab zu, dass er beim Lesen von Koitys Poesie Tränen in den Augen hatte.
Volker Müller, Diplomlehrer, Musiker, Kritiker und Autor gab mit „Der Aspirant“ zunächst einen Prosatext wieder. Wer den Greizer kennt, weiß um die Schönheit und Präzision seiner Sprache. Seit drei Jahren widmet er sich wieder dem Schreiben von Versen; das hatte Volker Müller seit seiner Schulzeit nicht getan. An diesem Abend berührten vor allem drei Gedichte die Zuhörer: Der Sizilianer (Für Klaus Rohleder), „Des Dichters Frau“ (Für Geli Ullmann) und „Die Fahrt in den Norden“ (Für Günter Ullmann) – mit denen Volker Müller den drei Freunden mehr als ein ehrendes Gedenken schuf.
Karsten Schaarschmidt, seines Zeichens Augenoptiker, Journalist, Fotograf und wie kein anderer mit dem Greizer Theaterherbst verknüpft, trug Lyrik vor, die vor allem in den letzten vier Jahren entstand und die er als „Gedankensplitter und Epigramme zum Mit-, Nach- und Weiterdenken“ bezeichnete, die über die Natur, die Liebe und Allgemeines kreisen. „Nocturne im Gebirge“, „Meine Stadt“, „Verlassene Bahnhöfe“, „Am Fluss“, „Die Stunde blau“ oder „Der Schnee verliert sein Weiß“ offerierten die poetische Sprachgewalt des Greizers. Wenn es stimmt, das Lyrik und Poesie oft anlehnungsbedüftig sind, fand sich in der Musik des Abends ein homogenes Pendant: Harald Seidel (Bass), Gerd Wittig (Drums), Ulrich Blumenstein (Trompete) und Christoph Beer (Saxophon) erwirkten mit ihren jazzigen Improvisationen einen gelungenen Kontrast zur leisen Poesie der Autoren.
Antje-Gesine Marsch @29.11.2014