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Nahverkehrsplan 2014 – 2018 im Kreistag zum Beschluss vorgelegt

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Leserbrief

123-seitiges Dokument zuzüglich Anlagen war durchzuarbeiten

GREIZ/GERA. Während es in der Stadt Gera so etwas wie ein öffentliches Anhörungsverfahren gab, wussten im Landkreis Greiz nur Insider, dass ein neuer Nahverkehrsplan erarbeitet wird. Das Ingenieurbüro VCDB VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH legt hier eine überarbeitete Version des Nahverkehrsplans, der seit 2008 im Landkreis Greiz und der Stadt Gera gilt, vor. Viele interessante Dinge findet man in der sehr umfassenden Bestandsaufnahme. Die demographische Entwicklung spielt eine große Rolle. Für Interessierte können aufschlussreiche Rückschlüsse auf die Schülerzahlen- und Schulentwicklung gezogen werden.

Der vorliegende Nahverkehrsplan, der am 30.01.2014 dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und am 11.02.14 dem Kreis- und Finanzausschuss vorgelegt wurde, bei letzterem gab es eine Enthaltung in der Abstimmung, wird am 26.02.2014 dem Kreistag vorgelegt zur Abstimmung. Es steht zu befürchten, dass die Mehrzahl der Kreistagsmitglieder sich nicht die Mühe machen wird, das 123-seitige Dokument durchzuarbeiten (zuzüglich Anlagen). Und da sich leider auch kaum einer die Mühe machen wird sich zu informieren, werden viele wichtige Details keine Beachtung finden. So gab es zum Beispiel im vorherigen Nahverkehrsplan die Verpflichtung, in den Stadtverkehren Gera, Greiz, Zeulenroda-Triebes und Weida generell Niederflurfahrzeuge einzusetzen. Im neuen Plan sucht man dies vergebens. Ist dies der Tatsache geschuldet, dass dieser Beschluss nie vollständig umgesetzt wurde oder dass es niemand kontrollieren will? Einzig der GVB Gera hat einen hundertprozentigen Niederflurfahrzeugpark bei Bus und Bahn und hebt sich von den anderen Betrieben ab. Eine abrechenbare Gegenüberstellung, welche Maßnahmen aus dem Nahverkehrsplan 2008 2012 erfüllt worden sind, und welche noch ihrer Umsetzung harren, bietet das neue Papier nicht. Wer in dem Nahverkehrsplan innovative Vorschläge oder Entwicklungspotentiale sucht, wird auch kaum fündig werden. Elektromobilität ist ein Fremdwort, dagegen wird auf Rufbusse gesetzt, wenn auch halbherzig. Ideen, wie man per Bus oder Bahn abends nach dem Theaterbesuch aus dem Oberzentrum Gera bspw. nach Münchenbernsdorf kommt ebenfalls Fehlanzeige. Zwar gibt es einige Empfehlungen wie Veränderung von Takten, Haltestellenverlegungen oder Linienbündelungen, aber ob sie die prognostizierten Veränderungen bringen? Viele Entwicklungspotentiale, die vorhanden wären, werden nicht oder nur oberflächlich angerissen. Beim Thema Marketing spielt das EgroNet keine Rolle. Auch der Verkauf und die Anerkennung des Thüringen-Tickets in den Bussen des Landkreises als Innovation sucht der aufmerksame Leser vergeblich. Verkehrsströme aus anderen Landkreisen oder Bundesländern werden nicht oder nur unzureichend beleuchtet. Dabei sollte man hier nicht unterschätzen, dass auch diese Verkehre eine wichtige Zubringer- und Abbringerfunktion übernehmen, die den Landkreis oder die Stadt Gera finanziell nicht belasten. Trotzdem ließe sich hier durch Gespräche und Kooperationen mit den Verkehrsverbünden und betroffenen Verkehrsunternehmen viel bewegen für die Kunden. Positiv anzumerken ist auf alle Fälle, die mehrfach in dem Schriftstück angemahnte Kooperation zwischen dem Verkehrsverbund Mittelthüringen und den Busbetrieben des Landkreises Greiz. Doch für die Einwohner in Orten mit weniger als 200 Menschen ist dieser Nahverkehrsplan eh uninteressant, denn an eine Erschließung mit einem irgendwie gearteten Bus- oder Bahnangebot ist schlicht nicht gedacht.

Interessant sind für den interessierte Kreistagsabgeordneten und Leser hingegen einige der Anlagen. So findet man zum Beispiel in der Anlage 10 eine Investitionsplanung der Busunternehmen im Landkreis. So plant die PRG Greiz etwa für den Geltungszeitraum die Anschaffung von jährlich 4 Neufahrzeugen. Bei einem momentanen Busbestand von rund 50 Bussen ist man als in knapp 13 Jahren mit der Erneuerung des Fuhrparkes fertig. Bei der RVG plant man die Anschaffung von jährlich zwei Fahrzeugen. Bei mehr als 40 Fahrzeugen, die momentan im Einsatz sind, ist man also in 20 Jahren fertig. Für das Jahr 2018 wird für die kreiseigenen Betriebe PRG und RVG die Neubeschaffung von Verkaufstechnik einschließlich Anpassung Hintergrundsystem geplant. So ist dann die seit 2005/2006 eingesetzte Technik nach 12 Jahren veraltet und verschlissen. Hoffentlich setzt mal dieses Mal auf ein neues verkehrsmittelübergreifendes rechnergesteuertes Betriebsleitsystem.
Chance verpasst 2.0

Nachdem der letzte Nahverkehrsplan schon nicht der große Wurf war, ist dieser es auch nicht. Warum das Dresdner Ingenieurbüro hier nicht mehr lieferte (oder liefern durfte), wissen nur Insider. Dabei hätte der Ostthüringer Raum um Greiz und Gera verkehrstechnisch durchaus Potential zur Weiterentwicklung und hat dies auch nötig. Doch schon allein die strikte Abgrenzung an den Landkreisgrenzen ist ein großes Hindernis. Während es in Tourismus mit einer Kooperation zwischen Sächsischen und Thüringer Vogtland gut vorwärts geht, grenzt man sich verkehrstechnisch ab. Aber auch Richtung Schleizer Oberland oder Burgenlandkreis passiert nichts. Dass es notwendig ist, Bahn- und Busverkehr optimal zu verknüpfen mit der Bahn als taktgebendes System, findet in dem Nahverkehrsplan viel zu wenig Beachtung. Bedauerlich ist auch, dass die vielen Verbesserungsvorschläge, die z.B. vom Verkehrsclub Deutschland e.V. eingereicht wurden, keinerlei Beachtung fanden in der jetzt vorgelegten Beschlussfassung. Umfassende Vorschläge zum Marketing sind nicht da. Auch neue Medien zur Fahrgastinformation wie Twitter oder Facebook finden keinerlei Berücksichtigung. Interessant ist die Festschreibung der Kosten für den Kreishaushalt für die nächsten 4 Jahre auf 3.162.070 €‚¬ pro Jahr. Bei abzusehenden Kostensteigerungen wie für Kraftstoffe, Ersatzteile oder Löhne der Mitarbeiter ist kein Spielraum momentan eingeplant. Das heißt für die Verkehrsunternehmen, dass sie nur ihr Angebot reduzieren können oder die Einnahmen erhöhen können. Die nächste Fahrpreiserhöhung kommt bestimmt. Trotzdem ist eine Zustimmung zu dem Nahverkehrsplan notwendig, da von diesem auch die Ausgleichszahlungen für die Schülerbeförderung abhängig sind. Ich würde mit Ja, aber€€¦ abstimmen und eine kontinuierliche Weiterentwicklung fordern. Ansatzpunkte dafür gibt es reichlich.

Renè Kramer @25.02.2014

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