Unter der Regie von Anna Möbus und Dominik Schiefner bringen die Darsteller das Stück „Eine Milliarde für ein Leben“ zur Aufführung
GREIZ. „So voll war die Kirche seit vielen Jahren nicht“, freute sich Christina Klinner am Freitagabend, als die Premiere der Schauspielwerkstatt des XXIII. Greizer Theaterherbstes über 250 Gäste in die Gottesackerkirche zog. „Eine Inszenierung mit Greizern, in Greiz, für Greiz“ hieß es dazu in der Ankündigung. Versprochen wurde nicht zu viel: Zwölf Darsteller verstanden es, das an Armin Petras’ Inszenierung „Der Besuch der alten Dame“ angelehnte Stück mit Begeisterung und Spielfreude aufzuführen. Clara, die es im „Westen“ zu Ansehen und vor allem Reichtum brachte, kehrt nach dreißig Jahren in ihre Heimatstadt Greiz zurück, in der sie unter großem Jubel empfangen wird. Sie hatte angekündigt, der Stadt eine Milliarde Euro zu stiften – eine halbe der Stadtkasse, die andere Hälfte sollte unter den Bürgern aufgeteilt werden. Allerdings knüpft sie an die Übergabe eine Bedingung: Alfred Ill, mit dem sie vor drei Jahrzehnten eine innige Liebesbeziehung verband, solle sterben. Als junge Frau erwartete sie ein Kind von Ill, der dies aber abstritt und stattdessen verbreitete, es stamme aus einer flüchtigen Beziehung mit einem Amerikaner. Tief gekränkt, denunziert, arm und verlassen hatte Clara damals der Stadt Greiz den Rücken gekehrt. „Ich will Gerechtigkeit“, so der erklärte Wunsch der reichen Dame bei ihrer Ankunft, als sie Ill mit seiner Schuld konfrontiert.
Die Handlung des Stückes wurde in das Jahr 25 nach der politischen Wende verlegt, die Stadt fühlt sich mit leeren Kassen „als ob man uns vergessen hätte“, wie es die Bürgermeisterin (sehr ausdrucksstark: Sybille Petermann) von der Kanzel rief. Clara (Sabine Petri) im weißen Fellmantel oder lila Abendkleid besticht im Stück mit Kälte und Herzlosigkeit sowie einem Schatz unerschöpflichen Sarkasmus‘. Ihr Gefolge besteht lediglich aus zwei Panthern (Sarah-Dorothea Rödel und Linda Gruner). Die beiden Achtklässlerinnen sind nicht nur textlich sehr synchron, sie erheitern auch mit ihrem katzenhaften Umherschleichen. Darstellerisch und vor allem sprachlich überzeugend verkörpert Robert Riedel den ehemaligen Lebemann Alfred Ill, der um sein Leben bangt. Marko Nachsel, der schon zu den „alten Theaterherbst-Hasen“ gehört, mimt im Stück den verängstigten Polizisten, der Angst hat, seine Stasi-Akte könne auftauchen; Alice Bächer glänzt in der Rolle der Reporterin, die ihre Nase in alle Dinge steckt.
In das Stück eingeblendet werden zusätzlich einige Filmsequenzen, die an die Decke der Gottesackerkirche geworfen werden – beispielsweise der umjubelte Empfang von Clara auf dem Greizer Bahnhof. Kantor Ralf Stiller umrahmte mit musikalischer Virtuosität viele Szenen des Stückes mit Orgelklängen.
Die beiden Regisseure Anna Möbus und Dominik Schiefner erhalten genau wie die Darsteller des Stückes herzlichen Schlussapplaus. „Wir haben eine tolle Zeit miteinander verbracht“, wie die Teilnehmer der Schauspielwerkstatt im Anschluss einhellig betonten. Wie formulierte es Marko Nachsel? „Nach dem Theaterauftritt ist vor dem Theaterauftritt.“
Antje-Gesine Marsch @21.09.2014