Kathrin Hammes übernimmt Gelb und macht Modenschau mit 2 weiteren Sonder-Trikots
SCHLEIZ. Die Rollenverteilung zwischen den Ausreißerinnen Marta Bastianelli (ITA,Virtu) und Pauliena Rooijakkers (NED, CCC-Liv) war im Finale beiden Fahrerinnen klar: Die Europameisterin ist die schnellere im Sprint, darum rollte die Niederländerin ohne Kampf ins Ziel bei Rund um Schleiz über 113,5 km. Ihren wichtigsten Spurt hatte Pauliena auf den letzten 20 km angesetzt: „Mathiesen von Sunweb war nach einem Antritt von der Führungsgruppe wieder eingeholt worden. Für einen Moment trat Ruhe ein im Feld, da wußte ich instinktiv, jetzt mußt Du angreifen. Als dann Marta kam, ahnte ich, daß ich nicht gewinnen werde. Aber ich wollte um den 2. Platz kämpfen. Darum habe ich bis zuletzt mit gearbeitet, damit unser Vorsprung reicht.“ Rooijakkers, die aus dem kleinen Ort Schijndels stammt, lebte 8 Jahre mit ihren Eltern in Kanada und begann den Radsport erst mit 19 Jahren.
Auf die Attacke von Pauliena hatte Bastianelli am schnellsten reagiert und dann die Anweisung vom Sportlichen Leiter bekommen, weiter zu fahren. Siegesgewiß reckte die Mutter des 5jährigen Töchterchens Clarissa schon vor dem Zielstrich die Arme in den Himmel. Diese Geste galt ihrem Schwiegervater Pepe: „Er ist heute gestorben, das macht mich natürlich traurig, auch wenn er mit 98 Jahren ein gesegnetes Alter erreicht hat. Ihm widme ich den Sieg, über den ich natürlich sehr glücklich bin.“ Es ist ihr vierter in dieser Saison, darunter der Erfolg bei der Flandern-Rundfahrt.
Die einzig enttäuschte Fahrerin auf dem Podium war die drittplazierte Coryn Rivera (USA, Sunweb). Sie hatte nur 8 Sekunden Rückstand und haderte damit, daß ihr Team zu spät mit der konsequenten Verfolgung begonnen hatte. Weil sie aber die schnellste Sprinterin im Feld ist, sah sich keine andere Mannschaft veranlaßt, an der Tempoarbeit teilzunehmen. Schon gar nicht die WNT Rotor Equipe von Kathrin Hammes, die zu dem Zeitpunkt schon als neue Spitzenreiterin feststand. Immerhin ist Sunweb ein harter Rivale in der Gesamt- und auch in der Bergwertung. Die Kölnerin hatte unterwegs am Anstieg der 2. Kategorie Platz 3 belegt, beste war dort Liane Lippert (DEU, Sunweb). Bis zu dieser Bergwertung hatte Alice Barnes ein 70 km langes Solo hingelegt und wurde dafür als kämpferischste Fahrerin des Tages geehrt. Weil sie unterwegs viele Punkte bei den Sprintwertungen sammelte (jetzt dritte in dieser Sonderwertung), blieb das Grüne Trikot von Kathrin Hammes unangetastet.
Allerdings wird es Morgen stellvertretend von Barbara Guarischi getragen, die dafür das Gelbe hergeben mußte, weil sie genau an dem besagten Berg das Tempo der Führungsgruppe nicht halten konnte und schließlich mit einem Rückstand von 4:38 min auf Hammes ins Ziel kam. Das Renngeschehen auf der zweitlängsten Etappe war also genau so abwechslungsreich wie die reizvolle Thüringer Landschaft, die mit ständigem Auf und Ab mittlere Anforderungen an die Teilnehmerinnen stellte. „Es war ein harter Tag, aber ich mußte nicht ans Limit gehen“, charakterisierte Hammes die Etappe. Am anstrengensten war für sie wahrscheinlich die Podium-Kletterei bei der Siegerehrung, als sie eine Modenschau für Führungstrikots vorführte: „Ich muß das jetzt erst mal verdauen. Ich war eigentlich mit dem Ziel hierhergekommen, nochmal das Bergtrikot zu erobern. Nun kann ich es morgen wieder nicht tragen, weil ich eben Gelb bekomme. Führe ich wirklich in der Gesamtwertung? Das kann ich nicht glauben. Es ist das erste Spitzenreitertrikot in meiner Laufbahn.“
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