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Ein Spaziergang durch Greiz im Jahr 1925

Das Sommerpalais im Greizer Park anno 1925

Das Sommerpalais im Greizer Park anno 1925

Ein Spaziergang, den Paul Wiedemann im Jahr 1925 durch die Stadt Greiz unternahm, steht im Mittelpunkt des Artikels

GREIZ. Ein Spaziergang durch die Perle des Vogtlandes – wie die Schloss-und Residenzstadt Greiz auch gern genannt wird – und zu den interessanten Ausflugspunkten der unmittelbaren Umgegend gehört für viele Einwohner aber auch Gäste aus nah und fern gerade in den Sommermonaten zu einem schönen Erlebnis.
Einen Spaziergang, den P. Wiedemann im Jahr 1925 unternahm, schildert er in einem Aufsatz, der anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Vereins der Naturfreunde im Jahr 1926 in einem Festband veröffentlicht wurde. Beim Lesen wird man feststellen, dass heute das ein oder andere Gebäude nicht mehr steht, Gastwirtschaften und Hotels nur noch dem Namen nach bekannt sind. Man wird aber auch den Bogen in die Gegenwart schlagen können, so etwa, wenn die Rede vom Greizer Park oder dem Kino, ehemals den UT-Lichtspielen in der Thomasstraße ist:

„Nicht Jedem ist es möglich, weite Reisen zu unternehmen. Für ihn bietet unsere engere Heimat reichen Ersatz. Ist doch gerade das schöne, von lieblichen Tälern und bewaldeten Höhen durchzogene Vogtland das Ziel vieler Wanderer. Zu den Perlen desselben gehört unstreitig unser Greiz, die ehemalige Residenz des Fürstentums Reuß ä.L.
Wohl selten ist ein Ort in so verschwenderischer Fülle bedacht worden. Wie in einem grünen Kranze liegt er malerisch zwischen waldumrauschten Höhen eingebettet, aus dessen Mitte sich auf stolzer Höhe das alte Fürstenschloss wie ein Wächter erhebt. Von der Burgschanze, die einen herrlichen Rundblick auf das Weichbild der Stadt und seine Umgebung bietet, ist schon manch herrlicher Gesang wandernder Vereine in den Talkessel hinabgeklungen.

Die Hauptzierde von Greiz bildet der einzig schöne, gut gepflegte Park mit seinem eichenblattförmigen Parksee und dem jetzt ausschließlich Kunstausstellungszwecken dienenden ehemals Fürstlichen Sommerpalais.
Im Allgemeinen ist Greiz hauptsächlich in den Sommermonaten eine von Vereinen, Körperschaften, Touristen, Schulen überaus gern besuchte Stadt. Macht doch gleich die in nächster Nähe des Bahnhofs befindliche, besonders schön angelegte, breite Carolinenstraße mit ihrer wohlgepflegten Lindenallee gleichmäßig bienenkorbförmig geschnittenen Baumkronen einen sympathischen Eindruck auf den Besucher.

Direkt am Bahnhof laden zur Einkehr das empfehlenswerte Cafe` Rink, sowie der in den Kreisen der reisenden Kaufleute bekannte Thüringer Hof, das erste Hotel am Platze, ein.
Nach Überschreiten der Carolinenstraße winkt das Ecke Quer-und Oststraße gelegene Landbundhaus den Durstigen zur Einkehr in seine stilvollen Gasträume.
Der Weg zur Stadt führt zwischen Perthelsburg und Bürgererholung die bereits erwähnte Carolinenstraße entlang, an deren Ausgangspunkt sich die zwei größten und weitbekannten Greizer Einkehrstätten Grimms Lokal und Tivoli befinden und die nicht allein den einzelnen Touristen, sondern auch größeren Berufs,-Sport-, Gesangs-und sonstigen Vereinen zu Tagungen und dergleichen Veranstaltungen besonders empfohlen werden können.
Der nun vor uns liegende Denkmalsplatz (Germania und Wilhelm I.) und die über die Weiße Elster führende Große Brücke gewähren einen schönen Anblick auf Oberes und Unteres Schloss mit Stadtkirche und Gymnasium. Durch die Schlossbergstraße mit linksseitigem Aufgang zum Oberen Schloss kommen wir über den Ernst-Arnold-Platz nach dem Markt, der durch das in gotischem Baustil gehaltene Rathaus mit seinem neuzeitlichen Farb-und Bronze-Anstrich ein besonders malerisches Gepräge erhält.

Dem Rathaus gegenüber befindet sich das bürgerliche und solide Hotel Kranich. Das Hauptziel jedes Fremden ist nun der bereits erwähnte Greizer Park mit seinen unendlich vielen Naturschönheiten, Plätzen und Promenaden. Gleich am Eingang unweit des Schlossbergtunnels ladet das Parkgasse 68/70 gelegene altbekannte Cafe` Schumann, gleichzeitig Weinhandlung zu einem Erfrischungstrunk ein.
Eine längere Wanderung durch den Park und um den See führt schließlich zu der zwischen Weißem Kreuz und Pulverturm liegenden Sommerfrische Hirschstein.
Auf dem Rückwege verdient das 3 Minuten vom Bahnhof gelegene vornehm ausgestattete Café Argus, Heinrichstraße besondere Beachtung. In seinen stilvollen Gasträumen wird man sich wohlfühlen.
An einem verregneten Sonntag kann man sich auch durch den Besuch der UT-Lichtspiele, Thomasstraße die Zeit vertreiben. Die Geschäftsleitung dieses Unternehmens ist stets bemüht, die besten Erzeugnisse der Filmindustrie zu bringen. Der Kultur-und wissenschaftliche Film findet hier verständnisvolle Pflege, so dass alle Freunde der Natur daselbst manche Stunde der Erbauung und Belehrung verbringen konnten.

Leider ist es mir nicht möglich, auf alle Einzelheiten der Stadt und ihrer sonst empfehlenswerten Lokalitäten näher einzugehen.
Als besonders beliebte und für den Fremden interessante Ausflugspunkte kommen noch in Betracht und sind vom Bahnhof aus in folgenden Zeiten zu erreichen:

Gasparinentempel (20 min.)
Hainberg (20 min.)
Stadtpark-Reißberg (15 min.)
Ida-Höhe (30 min.)
Oberes Schloss (20 min.)
Pulverturm (40 min.)
Weißes Kreuz (50 min.)
Hohenstein (45 min.)“

Antje-Gesine Marsch @15.06.2018

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