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Blick in die Historie: Der Greizer Park

Dem heutigen Fürstlich Greizer Park ging die Gründung des Obergreizer Lustgartens durch Graf Heinrich VI.voraus

GREIZ. Der heutige Fürstlich Greizer Park, ursprünglich genannt “Obergreizer Lustgarten”, ist eine Gründung Heinrich VI., der als Generalfeldmarschall in der Schlacht bei Zenta fiel.
Wohl bestanden vor ihm schon kleinere Anlagen, zu deren Ausbau und Vergrößerung Heinrich VI. den Gärtner Gaul aus Altenburg im Jahre 1684 berief. Das von Heinrich VI. persönlich unterzeichnete Schriftstück enthält aber nur eine Instruktion für den Berufenen.
Ein zweites Aktenstück vom gleichen Jahre führt die vorhandenen Blumen und Stauden an, u.a. “sechzerley arthen nelken stöcke, welche der gnädige Herr aus Leipzig mitbrachte, sechzerley arth und couleur. Dazu schenkte Pfarrer Masiy in Naitschau ein Feigen- und Corallenbäumlein.” Aber schon kurz darauf finden wir ein Verzeichnis, das auf wesentliche Erweiterungen schließen läßt, sogar auf die ersten Anfänge einer Orangerie für den Winteraufenthalt der im Sommer im Freien stehenden südlichen Gewächse, wie Zypressen, spanische Kletterrosen, Yucca gloriosa u.a. Vier Wasserkünste, ein verschließbares Rondell und ein Vogelhaus sollten die Anlagen verschönern. Zwischen den gärtnerischen Anlagen zogen sich Wiesenstreifen, von denen der Gärtner die Sommerfütterung für seine Kuh ernten konnte.
Eine wesentlich andere Gestaltung des Lustgartens zeigt uns die Karte, die auf Veranlassung des Herrn Finanzamtmann Ludwig im Jahr 1935 aus einem im Rentamt liegenden, einen Quadratmeter großen Plan herausgenommen worden ist und ein Gegenstück zu dem in Lebers “Greizer Geschichte in Bild und Wort” enthaltenen und besprochenen Stadtplan von 1745 bildet. Dieser Plan zeigt uns den Obergreizer Lustgarten vor seiner Umgestaltung durch Heinrich XI.
Einfahrt und Eingang finden wir von der Parkgasse aus. In der Mitte der sechs Blumenquartiere befand sich ein Springbrunnen. Der eingezeichnete Weg führte von der Parkgasse aus direkt nach dem Gewächshaus (heute Palais), das links durch drei breite Striche gekennzeichnet ist.
In dem Gewächshaus waren die seltensten Pflanzen ausgestellt, u.a. berichteten auswärtige Blätter von einer Aloe mit hundert dicken Blättern und einem Blütenstengel von der Dicke von einer halben Leipziger Elle und sechs Ellen Höhe, es war eine verwunderungswürdige gediegene Sehenswürdigkeit. (Ich selbst habe vor einigen Jahrzehnten noch eine vielangestaunte Aloe in der Wiese vor dem Eingang zur heutigen Kupferstichsammlung gesehen, die aber einging, als sie zum ersten Mal blühte.
Hinter dem Gewächshaus stand die Pichhütte, heute Wohngebäude. An das Gewächshaus schlossen sich noch einige gärtnerische Anlagen, sonst war alles Wiese und Feld. Das inzwischen wieder verschwundene Teehaus auf dem Weg zur Luftbrücke war damals noch nicht vorhanden, ebenso gab es damals noch nicht das spätere Gewächshaus, die Beamtenwohnungen das 1920 erneuerte, demnächst hoffentlich wieder zugängliche Hoftheater.
Der heutige Eingang zum Park war durch die beiden eingezeichneten Häuser bei Romroth versperrt. 1936 wurde der linksseitige Zugang zum Park durch die Gartenkunst des Herrn Gartenmeisters Scholz eindrucksvoll gestaltet.
Obgleich nicht zum Thema Park gehörig, sei noch zur weiteren Erläuterungen des Bildes erwähnt, dass das Obere Schloss, das rechts durch die starken Striche besonders hervortritt, von der Parkgasse, einem Teil der Brückenstraße und der Teichgasse, jetzt Marienstraße, umgeben ist. Auf der Marienstraße ist das 1740 vom späteren Superintendenten Oßwald gegründete Waisenhaus besonders genannt (damals Bäckermeister Herold). Die Häuser sind sämtlich numeriert, so dass viele das Besitztum ihrer Väter aufgezeichnet finden. Das Schloss selbst zeigt verschiedene Lücken auf, die Heinrich VI. ausbauen ließ. Merkwürdigerweise stand das Gefängnis außerhalb der Schlossmauer beim Stelzentor. Man verlegte es später in das Innere beim linken Aufgang nach dem Oberen Schlosshof entlang des Turmfelsens. Der Ausbau des Schlosses und die künstlerische innere Ausstattung erfolgten unter Heinrich XI. Er war es auch, der den Lustgarten, wie wir ihn auf dem Bilde sehen, gänzlich umgestaltete.
Zunächst ließ er 1779 das damalige Gewächshaus zum Palais umbauen und innerlich kunstvoll ausstatten. Heute befindet sich in ihm eine der größten Sehenswürdigkeiten von Greiz, die Stiftung des Hauses Reuß ältere Linie, die damals (1936) von Dr. Doehler betreut wurde und jedermann zugänglich war. Neu errichten ließ Heinrich XI. das Porzellanhaus nach dem Vorbild der St.-Lorenz-Kapelle in Genua, das zur Ausstellung und zum Verkauf echt japanischen Porzellans diente. Später richtete dies Heinrich XIX. zur katholischen Kapelle für seine katholische Gemahlin Gasparine und die nur wenigen Katholiken in Greiz ein, bis es zum Ehrenmal umgestaltet wurde. Der Lustgarten wurde wesentlich erweitert und im französischen Stil angelegt, der Teil um das Palais herum war zu einem Schmuckstück geworden.
Durch all seine Bauten und Verschönerungen hatte Heinrich XI. zweifellos im höchsten Maße dazu beigetragen, das „kleine unansehnliche Greiz“ zu einer interessanten Stadt zu gestalten. Wohl mag ihn dazu sein Kunstsinn veranlasst haben, ausgeschlossen ist jedoch nicht, dass er, der in Deutschland und im Ausland viel Kunst-und Prunkvolles gesehen hatte, bestrebt war, nachdem er vom Kaiser Franz Joseph II. 1178 in den Fürstenstand des Heiligen Römischen Reiches erhoben worden war, Greiz zu einer Residenz zu erheben, die in ihrem Aeußeren der dem Fürsten verliehenen Würde entsprechen sollte.

Quelle: Franz Leber, Rektor i.R. , 1936

Antje-Gesine Marsch @02.02.2019

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